Manöver in der Taiwanstraße China droht, Taiwan bleibt ruhig
Chinas Militär übt mit Kampfjets, Schiffen und Artilleriegeschossen vor Taiwan. Doch davon ist in der Hauptstadt Taipeh kaum etwas zu spüren. Dort ist man die Bedrohung gewohnt - und die Unterstützung durch die USA gibt Sicherheit.
Normaler Alltag in Taiwans Hauptstadt Taipeh. Der Himmel ist etwas grau, die Straßen sind voll. Dass die Volksrepublik ein großes dreitägiges Manöver in der Taiwanstraße abhält und dabei der Inselrepublik sehr nahekommt, davon ist in der Innenstadt nichts zu spüren.
Lu Chih-Hao winkt ab. Er ist dreißig und gehört damit zur jungen Generation. "Ich kenne die Bilder von solchen Manövern - die hat es doch immer gegeben in der Vergangenheit - auch vor dem Krieg in der Ukraine", sagt der Toningenieur. "Ich glaube nicht, dass diese Manöver Chinas bei uns Sicherheitsbedenken hervorrufen sollten." China versuche immer wieder die Grenzen zu testen und sie vielleicht hinauszuschieben.
Kampfjets, Kampfschiffe und Artilleriegeschosse
71 Kampfjets der Volksrepublik haben die Meerenge zwischen der Inselrepublik und der chinesischen Provinz Fujian überflogen. Acht chinesische Kampfschiffe kreuzen in der Taiwanstraße, durch die ein Großteil der Versorgung Taiwans erfolgt. Ein Landungsschiff für Amphibienfahrzeuge feuerte offenbar mehrfach Artilleriegeschosse in eine Bucht, die nur 50 Kilometer von Taiwan entfernt ist.
Alles kein Grund zur Aufregung, meint die 34-jährige Ash Lin. "Wir sollten ganz normal weitermachen, diplomatisch, wir können uns auf die Unterstützung der USA verlassen", betont die Influencerin. "China erklärt immer wieder, dass Taiwan mit der Volksrepublik vereinigt werden müsse, aber bisher ist doch nichts in diese Richtung geschehen."
Johnny Lin ist ebenfalls Influencer. Im Gespräch mit einem Reporter der Nachrichtenagentur Reuters bringt er noch einen anderen Gedanken ins Spiel. Seit Langem fordere China die Vereinigung mit der Volksrepublik. "Wir sollten unser Leben weiterleben und ruhig bleiben", sagt der 25-Jährige. "Wenn die Chinesen über Vereinigung sprechen, was sollen wir dazu sagen. Jeder muss selbst entscheiden, ob er sein Leben in Taiwan fortsetzen oder lieber auswandern will."
USA-Besuch der Präsidentin Taiwans
Trotz scharfen Protests aus China hatte Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen in der vergangenen Woche in Los Angeles den Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, getroffen.
"Wir haben der internationalen Gemeinschaft gezeigt, dass Druck von außen uns noch mehr zusammenhalten lässt", betonte Tsai Ing-wen nach der Landung in Taipeh. "Wir werden uns nicht davon abhalten lassen, mit der Welt in Verbindung zu sein."
"Wir in Taiwan lieben Demokratie"
Taiwan hatte zuletzt Mitglieder des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des US-Repräsentantenhauses zum Lunch in Taipeh eingeladen. Sie brachten das Versprechen mit, weiter Waffen zu liefern. Für den Moment zumindest geht Tsai Ing-wen gestärkt in den Konflikt mit der Volksrepublik. "In den vergangenen Jahren sehen wir uns einer Ausbreitung autoritärer Regierungen gegenüber", sagt die Präsidentin. Es werde immer wichtiger, dass Demokratien zusammenarbeiten.
"Wir in Taiwan lieben die Demokratie und wir werden Verantwortung in der internationalen Gemeinschaft übernehmen", verspricht Tsai Ing-wen. "Wir stehen weiter eng an der Seite der USA, um die Werte von Freiheit und Demokratie zu verteidigen."