Hunderte Hitzetote Massive Kritik am Ablauf des Hadsch
Hunderte Pilger sollen beim diesjährigen Hadsch ums Leben gekommen sein - die meisten wohl wegen der großen Hitze. Nun wächst die Kritik an den Behörden.
Ein letztes Mal umrunden die Pilgerinnen und Pilger die Kaaba in der großen Moschee von Mekka. Der Hadsch, die traditionelle Pilgerfahrt in Saudi-Arabien, geht zu Ende.
"Gott sei Dank, es war eine wunderbare, spirituelle Erfahrung", schwärmt Pilger Mohammed aus Pakistan. "Es war unglaublich heiß, aber zum Glück ist bei mir alles gut gegangen", fügt er hinzu. Mohammed hatte Glück und hat die Hitze überstanden - Hunderte andere Pilger nicht. Bei Temperaturen von rund 50 Grad Celsius starben Berichten zufolge etwa 600 Pilger, die meisten davon an einem Hitzschlag.
Die saudischen Behörden bemühten sich zunächst noch, zu betonen, dass hohe Opferzahlen nicht unüblich seien bei einer Pilgerfahrt. Immerhin seien viele Gläubige schon alt und krank, wenn sie an der Wallfahrt teilnehmen würden.
Massive Kritik an unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen
"Die meisten Hadsch-Rituale finden draußen statt. Und man muss recht große Distanzen zwischen den heiligen Stätten laufen", sagt Baraa Anwer von der Nachrichtenagentur AP. Um die extreme Hitze zu überstehen, haben die Saudis verschiedene Sicherheitsvorkehrungen getroffen: Orte zum Abkühlen, medizinische Zelte, Trinkstellen. Die Pilger wurden dazu aufgerufen, Schatten zu suchen und genug zu trinken.
Doch lief wirklich alles so perfekt organisiert, wie es die saudischen Behörden darstellen? Videos in sozialen Netzwerken zeigen das Gegenteil: Dutzende Menschen liegen in Mekka auf einer Straße auf dem Boden, mehrere scheinen tot zu sein oder im Sterbeprozess. Angehörige sitzen bei ihnen, Krankenwagen sind nicht zu sehen.
Aufnahmen eines ägyptischen Pilgers, die nicht verifiziert werden können, beschreiben die Situation: "Es ist sehr heiß. Es gibt viele Tote, die auf der Straße liegen. Es gibt keine Rettungskräfte. Hier liegt ein toter Mann, daneben eine tote Frau - hier noch vier weitere Tote. Es ist unglaublich. Die Toten liegen auf der Straße und die Pilger sitzen daneben, essen und trinken ganz normal."
Der Aussage des Mannes zufolge hätten Rettungskräfte von bis zu 900 weiteren Notfällen gesprochen, die Polizei habe betont, sie sei nicht zuständig. "Die Lage ist nicht zu verstehen. Ich kann das nicht verstehen", heißt es in der Aufnahme des Pilgers weiter.
Harte Kritik an den saudischen Behörden. Offiziellen Angaben zufolge wurden bisher mindestens 90 Todesopfer gezählt. Doch die Zahl könnte noch weiter ansteigen.
Schon mehrfach hohe Opferzahl bei Hadsch
Die muslimische Wallfahrt, der Hadsch, ist eine der fünf Säulen des Islam und soll von jedem gesunden Muslim, der es sich leisten kann, mindestens einmal im Leben unternommen werden. In den vergangenen Jahrzehnten kam es bereits mehrmals zu Hunderten Todesopfern, meist durch das große Gedränge in Mekka und Medina.
Der Klimawandel habe die Bedingungen für die Pilger noch einmal verschärft, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Studien zeigen demnach, dass sich Pilger bei der Wallfahrt im ohnehin schon heißen Saudi-Arabien einer "extremen Gefahr" aussetzen würden.