Vertriebene Rohingya Viel Verzweiflung, wenig Hoffnung
Fünf Jahre nach ihrer Vertreibung aus Myanmar leben rund eine Million Rohingya in Elendssiedlungen des Flüchtlingslagers Kutupalong in Bangladesch. Besonders Kinder verlören jede Hoffnung auf ein besseres Leben, so Beobachter.
Mohammad Toyub hat einen Traum. "Wenn ich groß bin, möchte ich Ingenieur werden", sagt der 15-Jährige. "Ich will große Flugzeuge bauen und Autos." Der Teenager hofft auf eine bessere Zukunft. Eine Zukunft, die nicht aus Wellblech, Bambusstangen und Plastikplanen besteht.
Der Rohingya-Junge lebt derzeit im Kutupalong-Camp in Bangladesch, dem größten Flüchtlingslager der Welt. Vor fünf Jahren sei er zusammen mit seinen Eltern und Hunderttausenden Anderen aus Myanmar hierher geflüchtet, ins südöstliche Bangladesch an der Grenze zu seinem Heimatland, erzählt er der Nachrichtenagentur Reuters.
Gewaltsame Massenvertreibung
Etwa eine Million Rohingya, größtenteils sunnitische Muslime, leben auch heute noch in diesen Elendssiedlungen - ohne Aussicht auf eine Rückkehr in ihre Heimat Myanmar, wo ihnen zumeist die Staatsbürgerschaft und andere Rechte verweigert werden.
Die meisten flohen am 25. August 2017 während eines Militärangriffs. Die Vereinten Nationen stufen das als Völkermord ein. Die meisten sind nach Bangladesch geflüchtet, aber auch nach Malaysia, Indien und Thailand.
Genau fünf Jahre sind seit dieser gewaltsamen Massenvertreibung durch das Militär im mehrheitlich buddhistischen Myanmar vergangen. Fünf Jahre, in denen sich die Situation der Geflüchteten nicht gebessert hat, berichten Beobachter.
Hilfsorganisationen schlagen Alarm
So spricht "Ärzte ohne Grenzen" von katastrophalen Zuständen in den Flüchtlingslagern. Einer Befragung der Hilfsorganisation zufolge haben 88 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner keinen ausreichenden Zugang zu Wasser und adäquaten sanitären Einrichtungen.
76 Prozent der Befragten gaben an, überlaufende Toiletten benutzen zu müssen. Hautinfektionen, Durchfallerkrankungen und Virusinfektionen wie Dengue-Fieber sind die Folge.
Anzeichen von Angstzuständen
Und auch die psychische Gesundheit leidet. Laut einer aktuellen Umfrage von "Save the Children", einer internationalen Nichtregierungsorganisation, die sich für die Rechte und den Schutz von Kindern weltweit einsetzt, leben die Geflüchteten nach wie vor in Angst. 66 Prozent der Kinder und 87 Prozent der Eltern, die befragt wurden, sagten, dass sie sich heute nicht sicherer fühlen als bei ihrer Ankunft.
"Die Welt mag ihre Aufmerksamkeit auf andere Krisen richten, aber selbst fünf Jahre nach ihrer Flucht wachsen knapp eine halbe Million Rohingya-Kinder in überfüllten Lagern auf", mahnt Onno van Manen, Länderdirektor von "Save the Children" in Bangladesch. Sie zeigten Anzeichen von Depressionen und Angstzuständen. Und da sie kaum Bildungschancen hätten, würden sie jede Hoffnung auf ein besseres Leben verlieren.
Militärregime setzt Anordnung nicht um
Die Situation könnte sich weiter verschlimmern: Bangladesch will die Geflüchteten nicht in ihr Land und ihre Gesellschaft integrieren. Ein drastisches Beispiel dafür ist die Verlegung von rund 30.000 Rohingya auf die verlassene, von Überflutungen bedrohte Insel Bhashan Char, wo sie unter widrigen Umweltbedingungen leben müssen.
Unterdessen fordern die EU und weitere westliche Staaten eine Bestrafung der Verantwortlichen und ein Ende der Gewalt gegen Minderheiten in Myanmar. Das Land müsse den Anordnungen des Internationalen Gerichtshofs in dem dort laufenden Völkermordprozess Folge leisten, heißt es in der Stellungnahme des EU-Außenbeauftragten Josep Borell.
Auch die Außenminister Australiens, Großbritanniens, Kanadas, Neuseelands, Norwegens und der USA tragen diese Forderung mit. Das jetzige Militärregime in Myanmar wehrt sich gegen den Prozess.
Forderung nach internationaler Strategie
Die US-Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" appelliert wiederum an die Staatengemeinschaft: "Die Regierungen sollten den fünfjährigen Jahrestag des verheerenden Vorgehens gegen die Rohingya mit einer koordinierten, internationalen Strategie für Verantwortlichkeit und Gerechtigkeit begehen, die die Bedürfnisse der Rohingya berücksichtigt", sagte Elaine Pearson, stellvertretende Asien-Direktorin bei Human Rights Watch.
"Die Geber sollten die Rohingya-Flüchtlinge dabei unterstützen, frei und sicher zu studieren und zu arbeiten, damit sie sich eine unabhängige und selbstständige Zukunft aufbauen können." Der junge Rohingya Mohammad Toyub, der Flugzeuge und Autos bauen will, wünscht sich vermutlich nichts sehnlicher.