Nach coronabedingten Schließungen Neuer Schulalltag auf den Philippinen
Nach mehr als zwei Jahren coronabedingter Schließungen sind die Schülerinnen und Schüler auf den Philippinen zurück im Alltag. Die Freude darüber ist groß - doch die Zwangspause hat Spuren hinterlassen.
50 Schülerinnen und Schüler sitzen dicht gedrängt im Klassenraum an der Pinagbuhatan Highschool in Pasig, einem Bezirk östlich vom Zentrum Manilas. Steht einer der Jugendlichen auf, kann man ihm kaum verstehen. Drei Ventilatoren brummen, hinzu kommt die Maske.
Aber immerhin: Endlich wieder Schule – hätten die meisten gedacht, beschreibt Direktorin Cecilia Regala anschaulich. "Die meisten wollen jetzt so früh wie möglich zur Schule gehen. Wenn diese zum Beispiel um 13 Uhr beginnt, dann kommen sie schon um 11 Uhr. Wenn man sie fragt, dann antworten sie, dass sie sich freuen, wieder hier zu sein, sie wieder Freunde und Lehrer treffen können. Und wir haben hier auch eine neue Bibliothek."
Und dort, so hofft die Direktorin, wird hoffentlich viel gelesen, denn gerade im Lesen hinken die Kinder hinterher. Die weiterführende Schule mit ihren rund 5400 Kindern hat dafür ein spezielles Leseprogramm entwickelt und Lehrkräfte eingestellt.
Ohne psychologische Betreuung geht es nicht
Aber auch psychologische Betreuung sei dringend notwendig, denn nach zweieinhalb Jahren meist Onlineunterricht nimmt sie eine Zurückhaltung wahr: "Sie sind ziemlich schüchtern. Sie haben Schwierigkeiten, sich zu artikulieren", erklärt die Direktorin. "Also, es ist wirklich wichtig, dass sie wieder zur Schule gehen."
"Es fehlte einfach der Austausch"
Damit spricht sie dem 15-jährigen Cayle aus der Seele. "Es war wirklich hart zu Hause, denn ich war dort allein. Meine Klassenkameraden waren nicht da, es fehlte einfach der Austausch."
Cayle sagt, er könne jetzt nicht mehr so gut auswendig lernen. Mehr als zwei Jahre hat er von Zuhause gelernt, mal mit Arbeitsbüchern und Blättern, mal gab es Onlineklassen. "Ich habe zwar den Stoff und die Themen verstanden, aber ich glaube, dass man besser und intensiver im Präsenzunterricht mit Lehrkräften lernt.
Die Philippinen beginnen mit Corona-Imfpungen für Kinder zwischen fünf und elf Jahren. Ein Kind begrüßt einen verkleideten Darsteller, der auf Stelzen läuft, während es in einem Einkaufszentrum in Manila gegen das Coronavirus geimpft wird.
Das letzte Taschengeld für Datenvolumen
Auch Lia ist froh, wieder in der Schule zu sein. Sie hatte vor allem im ersten Jahr der Pandemie große Probleme, dem Unterricht zu folgen. Ihre Internetverbindung war zu langsam und lief zudem nur übers Handy. Später bekam sie von der Gemeinde einen Laptop. "Das Schlimme und traurige ist, wie ich mich gefühlt habe. Denn ich mag es wirklich, teilzunehmen und will einfach, dass meine Nachrichten auch schnell ankommen. Ich habe also mein Bestes gegeben, das heißt: Immer wenn ich Geld von meinen Eltern bekommen habe, habe ich es dafür genutzt, mein Datenvolumen auf dem Handy aufzuladen."
Kommunikation über Messengerprogramm
Viele Schülerinnen und Schüler haben wegen mangelnder technischer Ausstattung oder aus Armut online einfach nicht folgen können. Über Monate lief die Kommunikation mit Lehrkräften nur über Messenger, denn auf den Philippinen erhält man beim Kauf einer Prepaidkarte oft automatisch Facebook dazu. Für Sozialkundelehrer Michael Moella hat die Pandemie auch ihr Gutes gehabt. Alle mussten sich viel schneller umstellen, als dies sonst passiert wäre. Der 41-Jährige meint: "Ich finde, wir sollten zum Beispiel die Mischung aus Präsenz- und Onlineunterricht beibehalten, denn wir müssen uns den Anforderungen des 21. Jahrhunderts anpassen."
Viele fürchten sich, ihr Gesicht zu zeigen
Aber erstmal muss ein Stück Normalität zurückkehren. "Ich unterrichte eine 11. Klasse, habe aber den Eindruck, vor einer achten oder neunten Klasse zu stehen." Und damit meint Lehrer Moella nicht nur die Bildungslücke, sondern auch das gesamte Selbstbewusstsein. So würden viele die Maske beim Sprechen nicht absetzen wollen, aus Furcht, ihr Gesicht zu zeigen.