Verhandlungen in Nahost Israel laut Blinken mit Kompromiss einverstanden
Israel hat laut US-Außenminister Blinken den jüngsten Vorschlag über eine Waffenruhe in Gaza akzeptiert. Nun sei es an der Hamas, dem Vorschlag zuzustimmen. Blinken appellierte an beide Seiten, keine Ausreden mehr zu suchen.
Israel hat nach Angaben von US-Außenminister Antony Blinken den jüngsten von den USA unterstützten Vorschlag über eine Waffenruhe in Gaza akzeptiert. Regierungschef Benjamin Netanyahu habe ihm heute "bei einem sehr konstruktiven Treffen bestätigt, dass Israel den Vorschlag zur Überbrückung akzeptiert". Nun sei es an der Hamas, dem Vorschlag zuzustimmen, sagte Blinken während seiner aktuellen Israel-Reise. Es ist bereits sein neunter Besuch seit Beginn des Kriegs vor mehr als zehn Monaten.
Israel spricht von "positivem Verlauf"
Blinken hatte sich rund drei Stunden lang mit dem israelischen Regierungschef getroffen und sprach danach von einem ergiebigen Gespräch. Netanyahus Büro bestätigte, das Gespräch habe etwa drei Stunden gedauert. Es sei "positiv und in guter Atmosphäre" verlaufen. Der Regierungschef habe bekräftigt, Israel sei "dem gegenwärtigen US-Vorschlag über die Freilassung unserer Geiseln verpflichtet, der Israels Sicherheitsbedürfnisse in Betracht zieht, auf die er (Netanyahu) stark pocht".
Blinken sagte, er sei in den Nahen Osten gereist, um die Bemühungen um eine Feuerpause in Gaza und die Freilassung der Geiseln "über die Ziellinie zu bringen". Beide Kriegsparteien sollten die Chance für ein Abkommen ergreifen. "Es ist an der Zeit, dass jeder zum 'Ja' findet und nicht nach irgendwelchen Ausreden sucht, um 'Nein' zu sagen", mahnte Blinken. "Je länger dies andauert, desto mehr Geiseln werden leiden, möglicherweise umkommen." Auch könnten "andere Dinge passieren".
Treffen am Morgen mit Herzog
Am Morgen hatte sich Blinken nach einem Gespräch mit Israels Präsident Izchak Herzog in Tel Aviv ähnlich geäußert: "Dies ist ein entscheidender Moment, wahrscheinlich der beste, vielleicht die letzte Gelegenheit, die Geiseln nach Hause zu bringen, eine Waffenruhe zu erzielen und alle auf einen besseren Weg zu dauerhaftem Frieden und Sicherheit zu bringen."
Der vorliegende Überbrückungsvorschlag spiegelt Blinken zufolge den Inhalt des Waffenstillstandsabkommens wider, das US-Präsident Joe Biden der Welt im Mai vorgelegt hatte. Darin waren drei Phasen vorgesehen: Zunächst eine uneingeschränkte Waffenruhe von sechs Wochen. In dieser Zeit würden eine bestimmte Gruppe Geiseln freigelassen, im Gegenzug würden Palästinenser freikommen, die in Israel inhaftiert sind. Danach würden die Kämpfe dauerhaft eingestellt und die verbliebenen Geiseln freigelassen. In einer letzten Phase soll demnach der Wiederaufbau Gazas beginnen.
Gegenseitige Vorwürfe der Blockade
Blinken ließ offen, ob der Vorschlag nun auf Bedenken der Hamas eingeht. Er sagte auch nicht, ob mit dem Vorschlag die Forderungen Israels nach Kontrolle über zwei strategisch wichtige Korridore innerhalb des Gazastreifens erfüllt würden. Die Hamas hatte Letzteres abgelehnt.
Am Sonntagabend hatte die Hamas Netanyahu vorgeworfen, Hindernisse für ein Abkommen zu schaffen, indem er neue Forderungen gestellt habe. Die Hamas beschuldigte ihn, den Krieg in die Länge ziehen zu wollen. Auch Israel warf der Hamas Blockade vor.
Familien appellieren an Blinken
Am Abend äußerten sich auch Angehörige der Geiseln. "Wir können es uns nicht leisten, diese kritische Gelegenheit zu verschenken, die die letzte Gelegenheit sein könnte", hieß es. "Den Geiseln läuft die Zeit aus. Jetzt ist die Zeit für entschiedenes Handeln." Blinken hatte sich in seinem Hotel mit den Angehörigen getroffen. Während des Treffens demonstrierten vor dem Gebäude mehrere Hundert Menschen für einen Geisel-Deal und forderten Blinken auf, Druck auf die israelische Regierung auszuüben.
Mit Informationen von Tim Aßmann, ARD-Studio Tel Aviv