Einseitige Anerkennung Zwei-Staaten-Lösung - notfalls auch ohne Israel?
Die Forderungen nach einer Zwei-Staaten-Lösung in Nahost werden immer lauter. Israel lehnt das bislang vehement ab. Zugleich wächst in Israel die Sorge vor der einseitigen Anerkennung eines palästinensischen Staates durch die USA und Europa.
Wenn bei der Münchner Sicherheitskonferenz über die Lage im Nahen Osten gesprochen wird, dann geht es auch um einen großen Plan: Auf dem Tisch liegt eine Waffenruhe in Gaza, die Freilassung der verschleppten Geiseln, der Wiederaufbau des zerstörten Gebiets - und ein palästinensischer Staat.
Vorangetrieben wird dieser Plan von den USA und von den arabischen Staaten Jordanien und Ägypten, Katar und Saudi-Arabien. Auch Außenministerin Baerbock, die gestern von ihrem fünften Besuch in Israel seit dem 7. Oktober zurückgekehrt war, hat sich im Interview mit den israelischen Fernsehsender Channel 12 für eine Zwei-Staaten-Lösung ausgesprochen.
Die größte Niederlage für Hamas und diejenigen, die Israel das Existenzrecht absprechen ist, wenn es zu einem Friedensvertrag der arabischen Welt mit Israel kommt, wo klar und deutlich das Existenzrecht Israels nicht nur anerkannt, sondern in Friedensverträgen mit all seinen Nachbarn gesichert ist und zugleich, dass damit auch die Anerkennung des Volkes der Palästinenser und damit auch der eigenen Staatlichkeit auf den Weg gebracht wird.
USA wittern große Chance
Die USA sehen jetzt eine Chance für den großen Wurf: Außenminister Blinken hatte letzte Woche in Katar gesagt, er sei für einen machbaren, zeitlich festgelegten und unveränderlichen Weg hin zu einem palästinensischen Staat - in Frieden an der Seite Israels.
Doch in Israel hält man davon nur wenig. Premier Netanyahu betont immer wieder er sei der Garant dafür, dass es einen palästinensischen Staat nie geben werde. Auch Amichai Chikli, Minister im Kabinett von Netanyahu, kritisiert die Pläne für einen palästinensischen Staat im israelischen Armee-Radio scharf.
"Das gleicht einer Katastrophe. Man würde die Palästinenser für den 7. Oktober mit der Gründung eines Staates belohnen. Ich möchte daran erinnern, dass niemand in der Palästinensischen Autonomiebehörde die Ereignisse verurteilt hat. Die Botschaft, die von diesem Plan ausgeht, ist völlig verzerrt", so Chikli. Wenn das tatsächlich die Vision der Amerikaner sei, dann müsse dagegen angekämpft werden. "Wir könnten sagen: 'wenn ihr einseitige Schritte einleitet, dann werden wir die Oslo Abkommen kündigen'", so Chikli weiter.
Einseitige Anerkennung eines Palästinenserstaates?
Mit diesen "einseitigen" Schritten sind Überlegungen gemeint, die zum Beispiel der britische Außenminister Cameron angestellt hat. Er kann sich vorstellen, einen palästinensischen Staat vorzeitig anzuerkennen. Auch die USA könnten diesen Schritt gehen - das wäre dann auch eine vertrauensbildende Maßnahme für arabische Staaten, die sich auch am Wiederaufbau des Gazastreifens beteiligen und Normalisierungsabkommen mit Israel abschließen könnten.
Die Frage ist nur, ob die Führungen in Israel und auf der palästinensischen Seite überhaupt den Willen haben und fähig sind, diesen Weg zu gehen. Oder, ob das am Ende nur mit neuen Regierungen auf beiden Seiten geht. Immerhin: Erste Pläne für eine Übergangsregierung in den palästinensischen Gebieten gibt es schon. Palästinenserpräsident Abbas könnte sich auf eine eher repräsentative Rolle zurückziehen.
In Israel ist ein Regierungswechsel bislang nicht in Sicht. Das Land scheint derzeit nicht nur im Krieg gegen den Terror geeint, sondern auch in der Ablehnung eines palästinensischen Staates.
Konsens gegen Zwei-Staaten-Lösung
Zeev Elkin, der schon einige Ministerämter innehatte, und jetzt zur Opposition in der Knesset gehört, sagt: "In Israel gibt es einen Konsens gegen einen palästinensischen Staat und das müssen wir nicht vertuschen oder verstecken, sondern sehr deutlich sagen. Gleichzeitig müssen wir aber auch der ganzen Welt erklären, warum dieser Konsens besteht." Man sollte daher eine Aufklärungskampagne beginnen und nicht warten, bis es zu spät sei. "Denn die Gefahr besteht nicht nur darin, dass auf uns Druck ausgeübt wird, sondern darin, dass die Amerikaner, Europa und die UN diesen palästinensischen Staat einseitig anerkennen könnten", so Elkin.
Es gibt also noch viel wenn und aber beim großen Plan für Frieden im Nahen Osten - und viel Gesprächsstoff auch auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Derweil ist selbst der erste Schritt noch immer weit entfernt: Eine Waffenruhe im Gazakrieg.