Stockende Verhandlungen Katar überdenkt sein Verhältnis zur Hamas
Katar hat sich im Nahost-Konflikt als Vermittler etabliert. Doch mittlerweile stocken die Verhandlungen und das Emirat übt ungewohnt deutliche Kritik an der Hamas. Kommt es zum Bruch mit den militanten Islamisten?
Katar zweifelt an seiner Rolle. Bereits wenige Tage nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und dem Ausbruch der Kämpfe im Gazastreifen hatte das kleine Emirat die Vermittlung zwischen den Kriegsparteien übernommen. Die Freilassung einiger Geiseln wurde von Katar eingefädelt. Die Grenzöffnung Richtung Ägypten für Ausländer und Verletze wurde unter anderem von Katar vermittelt.
Am Anfang sparte der katarische Chefunterhändler Mohammed al-Khulaifi nicht mit großen Worten. Katars Ziel sei es, dass alle zivilen Geiseln freikommen - daran arbeite das Emirat "mit ganzer Kraft und all unseren Möglichkeiten".
Doch nun, mehr als ein halbes Jahr später, sind die Vermittlungen ins Stocken geraten und Frust macht sich breit am Golf. Premierminister Mohammed bin Abdulrahman al-Thani, der zugleich Außenminister des Emirats ist, stellte vor einigen Tagen fest: "Leider haben wir gesehen, dass diese Vermittlung missbraucht und zugunsten eigener politischer Interessen benutzt wurde, was den Staat Katar veranlasst hat, eine umfassende Neubewertung dieser Rolle vorzunehmen."
Genervt von der Rolle als "Buhmann"
Katar ist genervt. Statt medienwirksamer Erfolge gibt es Streit und Kritik von allen Seiten. Israel schimpft öffentlich über Katars Nähe zur Hamas, aus den USA kommen Sticheleien, und nun sind die Herrscher am Golf es offenbar leid, der Buhmann zu sein.
Man sei "zutiefst frustriert über solche Aussagen", so der Sprecher des Außenministeriums, Majed al-Ansari. Deshalb justiere Katar derzeit seine Rolle als Vermittler neu.
Hamas zur "Belastung" geworden
Dabei bietet sich Katar eigentlich wie kein anderes Land als Vermittler an: Das Emirat hat Kontakte zu Israel, pflegt aber vor allem gute Beziehungen zur radikal-islamistischen Hamas. Seit 2012 hat die Hamas sogar ihr Politbüro in Doha. Doch damit könnte bald Schluss sein.
Der Politikwissenschaftler Mohammed Elmasry im Sender al-Hadath hält die Anwesenheit der Hamas-Führung in Katar für eine Belastung für das Emirat. Er verweist auf die Kritik aus Israel und den USA. Katar stehe unter Druck und befürchte negative Folgen für seine Interessen.
Muss die Hamas umziehen?
Berichten zufolge schaut sich die Hamas schon nach einem Ort um, an dem sie sich alternativ niederlassen könnte: Der Oman ist im Gespräch, Ägypten - oder die Türkei. Gerade die Türkei scheint sich aktuell aktiv als möglicher neuer Vermittler ins Spiel zu bringen. So war es wohl kein Zufall, dass al-Thani seinem Frust Luft machte, während der türkische Außenminister Hakan Fidan bei der Pressekonferenz neben ihm stand.
Die Türkei und Katar gelten seit Jahren als Verbündete in der Region. Springt die Türkei Katar zur Seite? Die französische Journalistin Leela Jacinto von France24 hält den Umstand, dass al-Thani sich in Anwesenheit des türkischen Außenministers äußerte, für ein "Signal an die Region, dass Katar den Staffelstab der Vermittlung quasi an die Türkei weitergibt".
Sie weist darauf hin, dass sich Hamas-Chef Ismail Hanija später mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan traf. Das alles mache die Chancen auf eine Waffenruhe verschwindend gering, ist Jacinto überzeugt: "Israel wird nicht auf die Türkei hören und die Rolle der USA ist geschwächt - und die Palästinenser leiden."
Am Geld hängt auch der Sitz
Die Führung Katars stellte mittlerweile klar: Solange die eigenen Vermittlungsbemühungen weitergingen, bleibe auch die Hamas in Doha. Und auch einen Umzug danach bezweifeln einige Beobachter, denn Katar hat den politischen Flügel der Hamas Berichten zufolge jahrelang finanziell unterstützt. Mustafa Kamal as-Sayyed von der Kairo-Universität sagt, die Türkei oder der Oman könnten wohl kaum dauerhaft die finanzielle Last schultern, die Hamas zu unterstützen. Deshalb werde Hamas am Ende vermutlich in Katar bleiben.
Dennoch könnte die aktuelle Vermittlerrolle eine Nummer zu groß sein für das kleine Emirat - wie lange Katar angesichts ausbleibender diplomatischer Erfolge noch durchhält, ist fraglich. Denn eines wollen die Herrscher am Golf auf jeden Fall vermeiden: dass ihnen ihre Rolle im Nahostkonflikt mehr schadet als nutzt und Katar am Ende nicht als strahlender Friedensbringer international glänzen kann.