Mehrere Ministerrücktritte Japans Regierungspartei versinkt im Spendensumpf
Ein Spendenskandal erschüttert Japans Regierungspartei LDP: Eine mächtige Gruppierung soll über Jahre Millionen Euro an der Steuer vorbeigeschleust haben. Mehrere Minister müssen nun gehen, darunter auch der Regierungssprecher.
Es ist richtig was los im sonst so beschaulichen Japan: Innerhalb weniger Stunden haben mehrere Minister ihre Ämter niedergelegt. Auch aus der zweiten und dritten Reihe der Regierung gingen Rücktrittsgesuche ein. Regierungssprecher Hirokazu Matsuno, der mehr als 60.000 Euro nicht deklariert haben soll, verkündete in seiner täglichen Pressekonferenz nicht nur seinen eigenen Rücktritt, sondern auch noch viele mehr.
Er habe die Rücktrittsgesuche der Minister für Inneres und Kommunikation, des Ministers für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei, des Ministers für Wirtschaft, Handel und Industrie und des Sonderberaters des Premierministers erhalten und dem Premierminister vorgelegt, sagte Matsuno.
Staatsanwaltschaft Tokio ermittelt
Alle verbindet eins: Sie gehören innerhalb der Liberaldemokraten (LDP) zum mächtigsten Parteiflügel, der so genannten Abe-Faktion. Die Gruppe wurde einst von Japans langjährigem Premier Shinzo Abe gegründet, der 2022 bei einer Wahlkampfrede erschossenen wurde.
Regierungschef Fumio Kishida versprach, reinen Tisch zu machen: "Wir werden die LDP wie einen Feuerball führen, um das Vertrauen der Öffentlichkeit wiederherzustellen."
Wie einen Feuerball - ein Bild, das sich selbst den japanischen Medien nicht sofort erschloss. Das klang so schnell, so wirkungsvoll. Tatsächlich wollte Kishida aber klarmachen, dass er selbst das Problem in seine Hände nehmen will.
Einen Feuerball, an dem er sich die Finger verbrennen und der sich zu einem Flächenbrand ausweiten könnte. Die Staatsanwaltschaft Tokio hat ein 50-köpfiges Sonderermittlungsteam wegen des Parteispendenskandals eingerichtet. Über lange Jahre sollen sich Funktionäre bereichert und Einnahmen nicht deklariert haben.
Extragelder wurden systematisch nicht erfasst
Im Abe-Flügel hatte die Vertuschung offenbar System, wie gestern der stellvertretende Verteidigungsminister Hiroyuki Miyazawa einräumte. "Es gab einmal eine Anweisung der Faktion, dass es nicht nötig sei, Extragelder in den Einnahmen- und Ausgabenbericht aufzunehmen," sagte er im TV-Sender Nippon und gab freimütig zu, sich auch nichts weiter dabei gedacht zu haben.
Oder man könnte auch sagen, er hat sich wie die drei Affen verhalten: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Ein Sprichwort, das seinen Ursprung übrigens in Japan hat. Er wolle ehrlich sein, erklärte Miyazawa im TV-Interview. Er habe sich gefragt, ob das alles in Ordnung sei. "Ich habe aber glauben wollen, das es legal sei, weil es angeblich schon seit Jahren so war."
Illegale Kassen könnten noch größer sein
So macht man sich keine Feinde und kann seinen Platz behalten, dachte sich der stellvertretende Verteidigungsminister offenbar. Für ihn ist jetzt auch erstmal Schluss. Allein in der Abe-Gruppierung der LDP sollen mehr als drei Millionen Euro nicht ausgewiesen worden sein. Aber die illegalen Kassen könnten auch noch weit größer sein, wie jüngste Berichte nahelegen.
Seit dem Amtsantritt von Regierungschef Kishida im Herbst 2021 wurden damit schon sieben Minister und diverse Stellvertreter entlassen.