
Krieg zwischen Israel und Iran Das Zeltlager unter Tel Aviv
In einer Tiefgarage in Tel Aviv leben Dutzende Familien in Zelten, um vor den Angriffen des Iran sicher zu sein. Das Lager im Untergrund wächst. Vielen geht es auch darum, mit der Angst nicht allein zu sein.
Ein Junge spielt Ball in einer Tiefgarage. Neben ihm steht das große gelbe Zelt seiner Familie. Mit dem hat sie sich hier im vierten Untergeschoss eines Einkaufszentrums mitten in Tel Aviv ein Lager errichtet. Von der Decke hängen Kabel, die einen Ventilator und den Laptop von Vater Eyal Berman versorgen. Wegen der Angriffe aus dem Iran schläft die Familie mit drei Kindern nachts im Untergrund.
Zu Hause könnten sie nur ins Treppenhaus, sagt Berman: "Wenn die Sirene ertönt, ist unser Fahrstuhl voll und hält auf jeder Etage. Wir haben nicht viel Zeit, um in einen Bunker zu kommen. Gestern Nacht gab es zweimal Alarm. Hier konnten wir weiterschlafen. Erst hatten wir Covid, dann einen Krieg und jetzt noch einen."
Bermans Kinder sind drei, sechs und neun Jahre alt. Schule und Kindergarten sind geschlossen. Der Softwareingenieur passt auf die Kinder auf, während seine Frau arbeitet. Der Dreijährige schaltet den Ventilator ein und aus, ein Junge hüpft auf der Matratze im Zelt, ein Mädchen bastelt - gegen die Langeweile. "Sie hat sich auf YouTube Origami-Falten beigebracht. Ich will nicht schwindeln, sie verbringen viel Zeit vor dem Tablet", sagt ihr Vater.
Das Zeltlager im Untergrund wächst
Matratzen, Zelt, Campingstühle - jeden Tag hat die Familie etwas dazugekauft. Das Zeltlager im Untergrund wächst. Immer mehr Leute campen hier unten, dutzende Zelte belegen die Parkplätze.
Gerade kommt Ronit an. Sie schiebt einen Kinderwagen und hat zwei Hunde an der Leine: "Ich bin alleinerziehende Mutter mit meinem zweieinhalb Monate alten Baby. Und mit zwei Hunden. Es ist verrückt." Im Bunker in ihrer Straße sei es schmutzig gewesen. Hier fühle sie sich wohler, sagt Ronit.
Wie sie es findet, dass Israel den Iran direkt angegriffen hat? "Wir haben nur ein Zuhause, das wir beschützen müssen. Ja, der Preis des Krieges ist hoch. Aber wir haben keine Wahl. Wie Sie sehen, bombardiert der Iran Zivilisten. Stellen Sie sich vor, wenn die eine Atombombe haben."
"Wollen den Menschen Würde und Privatsphäre geben"
Ronen Köhler packt eine Matratze aus einer Folie aus. Er gehört zu Freiwilligen, die mit Spenden Zelte gekauft haben für die Menschen, die nachts im Untergrund schlafen.
Als eine Rakete kürzlich im Stadtzentrum von Tel Aviv einschlug und ein Viertel verwüstete, seien 500 Leute hergekommen. Seitdem gibt es eine Kinderspielecke und Sandwiches.
"Wir haben gesehen, dass jeder auf dem Boden sitzt. Es ist hier sicher, aber wir wollen den Menschen Würde und Privatsphäre geben", sagt Köhler, der früher ein U-Boot kommandierte. "Eine Großfamilie bekommt ein Viererzelt, ein Paar ein Zelt für zwei. Ältere eine dickere Matratze. Das größte Problem für die meisten ist, zu Hause allein zu sein mit der Bedrohung. Also ist das eine Gemeinschaft geworden."
Kein Vertrauen in Schutzräume in Wohnungen
Kayna Larrat baut mit ihren zwei Kindern und ihrem Mann das Zelt auf, mit dem sie sonst campen gehen. Hier unten könne sie die Warn-App auf ihrem Handy endlich mal abstellen, sagt sie: "Ich fühle mich so schlecht, weil es das erste Mal ist, dass ich mein Zuhause in einem Krieg verlasse." Aber ihr kleiner Sohn habe mir gesagt, dass er Angst vor dem Krieg habe.
Den Schutzräumen in den Wohnungen vertraue sie nicht. In einem solchen Schutzraum seien zwei ihrer Freunde vor einigen Tagen gestorben, als eine Rakete das Haus traf, erzählt sie und zeigt das Bild eines brennenden Balkons im Wohnhaus im Vorort Petah Tikvah. Ihre Freunde hätten keine Chance gehabt, sagt sie mit Tränen in den Augen.
Der dreifache Familienvater Eyal Berman ein paar Zelte weiter reibt sich die Augen vor Müdigkeit. "Ich dachte nicht, dass ich in einer Tiefgarage schlafen muss. Wir wollen nur, dass die atomare Bedrohung aus dem Iran endet. Wenn wir die USA dazu brauchen, warum nicht?", meint er.
Doch Berman hofft, dass der Krieg mit dem Iran nur Tage, nicht Monate dauert. Auch die kommenden Nächte will er hier zelten, in der Tiefgarage in Tel Aviv.