Abkommen mit der Hamas Israels Regierung gibt grünes Licht für Gaza-Deal
Nach dem Sicherheitskabinett hat nun auch Israels gesamte Regierung der Waffenruhe im Gazastreifen zugestimmt. Erste Geiseln sollen ab Sonntag freikommen. Wie stabil das Abkommen langfristig sein wird, ist fraglich.
Eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas-Terrormiliz rücken näher. Wie das Büro von Premierminister Benjamin Netanjahu in der Nacht zum Samstag mitteilte, billigte das israelische Regierungskabinett die Vereinbarung.
Nach der Zustimmung durch das Sicherheitskabinett am gestrigen Nachmittag war die Billigung durch die gesamte Regierung die letzte Hürde für das Inkrafttreten des Abkommens. Trotz des Widerstands einiger rechtsextremer Politiker war erwartet worden, dass sich eine Mehrheit für den Deal ausspricht.
Einspruch bei Oberstem Gericht möglich
Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir hatte im Sicherheitskabinett gegen das Abkommen gestimmt und mit seinem Rücktritt gedroht. Finanzminister Bezalel Smotrich stimmte laut israelischen Medien ebenfalls dagegen, will die Regierung aber offenbar nicht verlassen.
Nach dem Regierungsbeschluss können Gegner des Abkommens noch binnen kurzer Zeit beim Obersten Gericht dagegen Einspruch einlegen. Es wird aber damit gerechnet, dass die Richter keinen Grund für ein Eingreifen des Gerichts gegen die Vereinbarung vorbringen werden.
33 Geiseln sollen binnen sechs Wochen freikommen
Am Mittwoch hatten Vermittler Katar und US-Präsident Joe Biden erklärt, dass sich Israel und die Hamas auf eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und die Freilassung von Geiseln aus der Gewalt von palästinensischen Extremisten geeinigt hätten. Zum Beginn der Waffenruhe gibt es unterschiedliche Angaben. Der getroffenen Vereinbarung zufolge, soll die sechswöchige Waffenruhe am Sonntag um 12.15 Uhr (11.15 Uhr MEZ) beginnen. Stunden nach der Einigung teilte ein Sprecher des katarischen Außenministeriums dagegen mit, die Waffenruhe solle bereits am Sonntagmorgen um 7.30 Uhr MEZ in Kraft treten.
In diesem Zeitraum sollen auch 33 der Geiseln freigelassen werden, die sich noch in der Gewalt der Hamas und anderer Gruppen im Gazastreifen befinden. Aus dem Hamas-Umfeld hieß es, als Erstes sollten drei israelische Frauen am Sonntagabend freigelassen werden.
Das Rote Kreuz werde die Menschen voraussichtlich am Sonntagabend gemeinsam mit ägyptischen und katarischen Teams in Empfang nehmen. Sie würden dann nach Ägypten gebracht und dort der israelischen Seite übergeben, die dann auch ihre medizinische Untersuchung übernehme.
Streitpunkt waren die palästinensischen Gefangenen
Im Gegenzug sollen Hunderte palästinensische Gefangene aus israelischer Haft freikommen, und die israelische Armee soll sich aus weiten Teilen des Gazastreifens zurückziehen.
Ein Vertreter Ägyptens und ein Hamas-Mitglied sagten, in letzter Minute seien Probleme mit der Liste der palästinensischen Gefangenen aufgetreten, die in der ersten Phase aus israelischen Gefängnissen freigelassen werden sollten. Diese seien aber gelöst worden.
Das israelische Justizministerium gab bekannt, dass in der ersten Phase der Waffenruhe 737 palästinensische Häftlinge freigelassen werden sollen. Der erste Austausch sei für Sonntagnachmittag geplant. Dann sollen zunächst 95 Häftlinge freikommen, dazu zählten 69 Frauen, 16 Männer und zehn Minderjährige, darunter ein 16-Jähriger.
Hamas besteht auf dauerhaften Abzug
Während der Waffenruhe soll über die verbleibenden Geiseln verhandelt werden, die in einer zweiten Phase freigelassen werden sollen, die allerdings wesentlich schwieriger werden dürfte als die erste.
Die Hamas hat erklärt, sie werde die verbleibenden Gefangenen nur nach einem dauerhaften Waffenstillstand und einem vollständigen israelischen Rückzug freilassen. Israel hat geschworen, so lange zu kämpfen, bis es die Hamas zerschlagen hat. Außerdem will es die Sicherheitskontrolle über den Gazastreifen unbefristet aufrechterhalten.
Gaza könnte bald täglich versorgt werden
Der staatsnahe ägyptische Fernsehsender Al-Kahera News berichtete gestern, die Vermittlerstaaten Ägypten, Katar und USA hätten in Kairo technische Gespräche über die "Mechanismen zur Umsetzung der Waffenruhe-Vereinbarung" geführt. Dabei sei auch vereinbart worden, täglich 600 Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen zu lassen.
Nach Angaben eines ägyptischen Vertreters standen dabei auch Gespräche über die Wiedereröffnung des Grenzübergangs Rafah auf der Agenda, einer wichtigen Verbindung zwischen dem Gazastreifen und Ägypten. Aus israelischen Kreisen wurde diese Information bestätigt.