Nach Beschuss aus dem Iran Israelische Armee gibt vorerst Entwarnung
Nach dem Beschuss aus dem Iran mit 180 Raketen hat die israelische Armee vorerst Entwarnung gegeben. Ein Mensch wurde bei dem Angriff getötet, mehrere verletzt. Israel und der Iran sprachen erneut gegenseitige Drohungen aus.
Nach den iranischen Raketenangriffen auf Israel hat die israelische Armee vorläufig Entwarnung gegeben. "Im Moment" gehe keine Gefahr mehr vom Iran aus, erklärte die Armee. Die Menschen könnten die Schutzräume wieder verlassen.
Im Zentrum und anderen Orten Israels waren einige Geschosse eingeschlagen. Mindestens ein Mensch wurde getötet, zwei weitere wurden leicht verletzt. Im besetzten Westjordanland sei ein Palästinenser in Jericho durch herabfallende Raketenteile getötet worden, teilte der örtliche Gouverneur mit. Die israelische Armee teilte mit, insgesamt seien rund 180 Raketen Richtung Israel aus dem Iran abgefeuert worden. Die meisten davon seien abgefangen worden.
Der israelische Rettungsdienst Magen David Adom meldete zwei leicht Verletzte im Raum Tel Aviv. Zudem seien landesweit einige Menschen sehr leicht verletzt worden, während sie die Schutzräume aufsuchten, hieß es weiter. Israels Armeesprecher Daniel Hagari hatte zuvor von sehr wenigen Verletzten gesprochen.
Netanyahu: Iran wird für Raketenangriff bezahlen
Neben Hagari kündigte der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu Konsequenzen für den Iran an. Er bezeichnete den Raketenangriff auf sein Land als großen Fehler. Der Iran werde dafür bezahlen, sagte er, als er sein Sicherheitskabinett zu einer Sitzung zusammenrief.
Auch der israelische UN-Botschafter Danny Danon drohte dem Iran mit einem Gegenschlag. "Wie wir der internationalen Gemeinschaft bereits zuvor klargemacht haben, muss jeder Feind, der Israel angreift, mit einer harten Reaktion rechnen", teilte er auf der Plattform X mit.
Iran droht mit "vernichtender Reaktion" auf israelischen Gegenschlag
Die iranischen Revolutionsgarden teilten nach dem Raketenangriff mit, dieser sei eine Vergeltung für die Tötung von Hamas-Auslandschef Ismail Hanija, Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah sowie eines iranischen Generals gewesen.
Von der iranischen UN-Vertretung in New York hieß es: "Irans legale, rationale und legitime Reaktion auf die Terroranschläge des 'zionistischen Regimes' - die Angriffe auf iranische Staatsbürger und Interessen sowie die Verletzung der nationalen Souveränität der Islamischen Republik Iran - wurde ordnungsgemäß durchgeführt". Sollte Israel es nun wagen, darauf zu reagieren, "wird eine vernichtende Reaktion folgen."
Der iranische Präsident Massud Peseschkian verteidigte den Angriff. Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu solle wissen, dass Iran kein kriegslüsternes Land sei, "aber jeder Bedrohung entschlossen entgegentritt", schrieb Peseschkian auf X. "Dies ist nur ein Bruchteil unserer Fähigkeiten. Legen Sie sich nicht mit dem Iran an", warnte der Präsident.
Der staatliche Rundfunk berichtete, bei dem Angriff seien auch erstmals Hyperschallraketen zum Einsatz gekommen. Mit der Rakete vom Typ "Fatah-1" sei es den Luftstreitkräften der Revolutionsgarden gelungen, die israelische Flugabwehr zu überwinden. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden. Die "Fatah-1" wurde erst vor 15 Monaten vorgestellt.
Nach dem Raketenangriff schloss der Iran seinen Luftraum. Alle Flüge seien bis Mittwoch 10.00 Uhr (Ortszeit) gestrichen worden, berichtete die staatliche Agentur Irna unter Berufung auf einen Sprecher der Luftfahrtbehörde.
USA: Angriff Irans "vereitelt und unwirksam"
Die US-Regierung bezeichnete den iranischen Angriff als "vereitelt und unwirksam" und drohte ebenfalls mit Konsequenzen. "Uns ist nichts über Schäden an Flugzeugen oder strategischen militärischen Einrichtungen in Israel bekannt", sagte US-Sicherheitsberater Jake Sullivan in Washington. Man habe bereits deutlich gemacht, dass dieser Angriff Konsequenzen haben werde und daran arbeite man nun mit Israel.
Es handle sich um eine "bedeutende Eskalation". Kriegsschiffe des US-Militärs hätten dabei geholfen, den Raketenangriff abzuwehren. Man habe erste Gespräche mit den Israelis geführt, sowohl auf militärischer Ebene als auch zwischen dem Weißen Haus und dem Büro des israelischen Premierministers, erläuterte Sullivan. Diese Gespräche würden in den kommenden Stunden fortgesetzt.
Nach Angaben des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses hatte US-Präsident Joe Biden das US-Militär angewiesen, Israel bei der Abwehr der iranischen Angriffe zu unterstützen und auf Israel gerichtete Raketen abzuschießen. Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris beobachteten die Situation im Nahen Osten aus dem Lageraum des Weißen Hauses.
Laut der Nachrichtenagentur Reuters hatte der Iran vor dem Angriff Russland informiert. Die USA seien über diplomatische Kanäle ebenfalls kurz zuvor gewarnt worden, hieß es unter Berufung auf einen hochrangigen Vertreter des Irans.
UN-Generalsekretär Guterres: "Das muss aufhören"
UN-Generalsekretär António Guterres appellierte nach dem iransichen Angriff Raketenangriff auf Israel an die Konfliktparteien in Nahost. "Ich verurteile die Ausweitung des Nahostkonflikts, der immer weiter eskaliert. Das muss aufhören. Wir brauchen unbedingt einen Waffenstillstand", teilte Guterres auf der Plattform X mit.
Bundesregierung verurteilt iranische Angriffe
Die Bundesregierung verurteilte die iranischen Raketenangriffe "auf das Allerschärfste". Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erklärte bei X: "Iran muss den Angriff sofort einstellen." Er führe die Region "weiter an den Abgrund". Baerbock hob hervor, der Iran sei "vor dieser gefährlichen Eskalation eindringlich gewarnt" worden.
Auch Frankreichs Premier Michel Barnier warnte vor einer weiteren Eskalation im Nahen Osten. Er nannte die Lage vor Abgeordneten in Paris "extrem ernst". In der französischen Hauptstadt sollte der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat unter der Führung von Präsident Emmanuel Macron zusammenkommen.
Zuletzt Angriffe auf Verbündete des Iran
Israels Militär und Geheimdienste hatten zuletzt Irans Verbündete in der Region erheblich geschwächt. Ende Juli wurde der Auslandschef der islamistischen Hamas in Teheran getötet. Irans Staatsführung schwor daraufhin Rache.
Am vergangenen Freitag wurde mit Hassan Nasrallah, dem Chef der libanesischen Schiitenorganisation Hisbollah, ein weiterer und zentraler Verbündeter Teherans getötet. Zuvor hatten explodierende Funkempfänger, sogenannte Pager, Hunderte Hisbollah-Funktionäre verletzt und etliche auch getötet. Es war seither unklar, ob und wie Irans militärische Führung darauf reagiert.
Am Dienstag kam ein weiterer Schritt des israelischen Militärs hinzu: Erstmals seit fast zwei Jahrzehnten drangen israelische Bodentruppen wieder in den Libanon ein. Rund ein Jahr nach Beginn des Kriegs im Gazastreifen verlagerte sich damit der Schwerpunkt der Kämpfe in Richtung des nördlichen Nachbarlandes. Die Armee sprach von "begrenzten" Angriffen in Grenznähe auf Ziele der schiitischen Hisbollah, die eng mit dem Iran verbündet ist.