Krieg in Nahost Neue Hoffnung auf Geisel-Deal
Seit Monaten stocken die Verhandlungen über eine neue Waffenruhe in Gaza und die Freilassung der Geiseln. Nun scheint Bewegung in die Gespräche zu kommen - und der Druck auf Premier Netanyahu wächst.
In die festgefahrenen Verhandlungen über ein neues Waffenstillstands- und Geiselabkommen scheint Bewegung zu kommen. Es liegt wohl eine neue Antwort der Hamas auf den Biden-Plan auf dem Tisch. Das haben das Militär und der Geheimdienst bestätigt.
Die Zeitung Haaretz zitiert einen namentlich nicht genannten israelischen Regierungsvertreter. Demnach besteht die Hamas in einer ersten Phase eines möglichen Abkommens wohl nicht mehr auf einen vollständigen Waffenstillstand und Abzug der israelischen Truppen aus Gaza. Dies hatte die Terrororganisation bisher gefordert, was für die israelische Regierung nicht annehmbar war.
Hat Netanyahu überhaupt Interesse an einem Deal?
Sollte dies zutreffen, könnte es wie im vergangenen November zu einer zeitlich begrenzten Waffenruhe und im Gegenzug zur Freilassung von Geiseln kommen. Wiederum im Gegenzug könnten palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen freigelassen werden.
Der frühere Chef der Operationsdirektion der israelischen Streitkräfte, Ex-General Israel Ziv, bezweifelte in einem Interview im Israel-Radio allerdings, dass die Regierung ein Interesse hat, darauf einzugehen.
"Es besteht die Chance auf ein Abkommen. Das zeigt die Antwort der Hamas, die offensichtlich nach großem Druck aus den USA und aus Katar jetzt auf dem Tisch liegt", sagte Ziv. Die große Befürchtung sei nun, dass der Premierminister durch seine Aussagen und das militärische Geschehen dieses Abkommen torpediere - "wie es in der Vergangenheit schon der Fall war", so Ziv.
Eine Befürchtung, die viele in Israel teilen. Am Dienstag hatte der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich ebenfalls im Israel-Radio angedeutet, dass eine neue Antwort der Hamas auf dem Tisch liegt, und dass sie ihm und möglicherweise auch anderen Hardlinern in der Regierung gar nicht ins Konzept passt.
Druck auf Israels Regierung wird immer größer
"Es würde mich nicht überraschen, wenn Hamas-Chef Sinwar nach Monaten der Ablehnung plötzlich positiv auf ein Abkommen reagieren würde, weil er in Panik ist und erkennt, dass wir kurz vor dem Sieg stehen, und er sich selbst und die Herrschaft der Hamas in Gaza retten will", sagte Smotrich. Aus seiner Sicht sei nun nicht die Zeit, den "Fuß vom Gaspedal" zu nehmen. "Jetzt ist die Zeit, mehr Truppen zu schicken und den militärischen Druck zu erhöhen."
Es sind Hardliner bei der Hamas und in der israelischen Regierung, die ein neues Abkommen bisher verhindert haben. Der Druck auf die israelische Regierung wächst unterdessen. Fast täglich - auch heute - werden in Israel Autobahnen blockiert. Und Angehörige der Geiseln fordern von Premier Netanyahu einen Kurswechsel. So auch Simona Steinbrecher, die Mutter von Doron Steinbrecher, die seit fast neun Monaten in der Hand der Hamas ist.
"Ich und alle anderen Familien fordern vom Premierminister, die Verhandlungen nicht zu torpedieren. Unsere Geiseln verrotten im Gazastreifen", sagte Steinbrecher. "Jeden Tag befürchten wir, dass eine Nachricht über eine weitere Geisel eintrifft, die in der Gefangenschaft der Hamas ermordet wurde. Das Abkommen darf nicht torpediert werden."
Der Druck für Netanyahu wird größer. Am Abend will sich das israelische Sicherheitskabinett mit dem neuen Vorschlag der Hamas auseinandersetzen. Danach ist ein Telefonat von Netanyahu mit US-Präsident Joe Biden geplant.