
Israels Geheimdienstchef Schwere Vorwürfe gegen Netanjahu
Im Streit um seine auf Eis gelegte Entlassung richtet der Chef des Inlandsgeheimdienstes, Bar, schwere Vorwürfe gegen Israels Premierminister. Netanjahu soll etwa gefordert haben, Regierungsgegner auszuspionieren.
Vor rund einem Monat hatte Israels Premierminister Benjamin Netanjahu die Entlassung von Ronen Bar, Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, angeordnet. Doch der Oberste Gerichtshof des Landes schob dieser Entscheidung erst einmal einen Riegel vor. Nun hat Bar dem Gericht seine eidesstattliche Erklärung vorgelegt. Darin erhebt er schwere Vorwürfe gegen den Premierminister.
Netanjahu habe von ihm persönliche Loyalität verlangt, zitierte die Zeitung The Times of Israel aus der Erklärung. Der Regierungschef habe von Bar gefordert, im Falle einer Verfassungskrise ihm zu gehorchen statt auf Anweisungen des Obersten Gerichts.
Des Weiteren habe Netanjahu verlangt, dass der Schin Bet politische Gegner ausspioniert. Bar gab in seiner eidesstattlichen Erklärung an, er habe sich diesen Anordnungen verweigert, etwa gegen regierungskritische Demonstrierende vorzugehen oder auch Maßnahmen zu ergreifen, die zu Verzögerungen in einem gegen Netanjahu laufenden Korruptionsprozess geführt hätten. Das sei auch der Grund, warum der Oberste Gerichtshof seine Entlassung blockiert habe.
Netanjahu prangert "Lügen" in eidesstattlicher Erklärung an
Netanjahu reagierte mit heftigen Gegenangriffen auf die Aussagen des Geheimdienstchefs. Bars eidesstattliche Erklärung sei voller Lügen, schrieb der Premierminister beim Kurznachrichtendienst X. Er hatte Bar vorgeworfen, bereits vor dem 7. Oktober 2023 von dem bevorstehenden Angriff der Terrormiliz Hamas auf Israel gewusst und es versäumt zu haben, die israelische Regierung zu warnen. Der Angriff der Hamas gilt als Auslöser des seitdem herrschende Krieges im Nahen Osten.
Bar wies auch diese Anschuldigung zurück. Schon kurz nach dem Angriff der Hamas hatte er allerdings Fehler bei der Frühwarnung der Bevölkerung eingeräumt und angekündigt, er werde vor dem Ende seiner Amtszeit zurücktreten.
Ermittlungen gegen Netanjahu-Vertraute
Die israelische Regierung hatte Bars Entlassung vor rund einem Monat angekündigt. Netanjahu hatte den Schritt mit einem Mangel an Vertrauen zu dem Schin-Bet-Chef begründet. Das Kabinett hatte die Entlassung abgesegnet. Den Plänen zufolge sollte Bar seinen Posten spätestens am 10. April verlieren. Die Ankündigung hatte die landesweiten Proteste von Regierungskritikern noch verschärft.
Der Schin Bet ermittelt unter anderem gegen Vertraute Netanjahus wegen möglicher illegaler Beziehungen zum arabischen Golfstaat Katar. Es geht dabei um angebliche Geldzahlungen, die Netanjahus Berater von Katar erhalten haben sollen, um im Gegenzug das Image des Golfstaates in Israel zu verbessern. Das Emirat gehört neben Ägypten und den USA zu den Unterhändlern bei den indirekten Gesprächen mit der Hamas, gilt aber auch als Unterstützer der Terrororganisation.