Ein Graffiti ist auf einer Mauer nahe der ehemaligen US-amerikanischen Botschaft in Teheran zu sehen.

Iran und USA Neue Chancen für einen Atomdeal?

Stand: 22.02.2025 15:29 Uhr

Der Iran sucht nach einem Weg, sich mit den neuen Realitäten im Nahen Osten zu arrangieren. Seine Position als Regionalmacht ist geschwächt, und nun macht Trump Druck für einen neuen Atomdeal. Wie kommt das im Land an?

Totenköpfe prangen an der Mauer der ehemaligen US-amerikanischen Botschaft in der iranischen Hauptstadt Teheran. Den Haupteingang ziert ein Graffiti der Freiheitsstatue, ihr Gesicht verzerrt als kahler Schädel, daneben der Slogan der iranischen Hardliner: "Down with the USA" - nieder mit den USA, ein Satz, der bis heute auf jeder Pro-Regime-Demo zu hören ist.

Seit rund 45 Jahren hat Washington keine Diplomaten mehr im Iran, nach den Ereignissen im November 1979, dem Jahr der Islamischen Revolution: Damals stürmten Studierende das Botschaftsgebäude, getreue Anhänger von Ajatollah Ruhollah Chomenei. Sie forderten die Auslieferung des in die USA geflohenen Schahs.

Sie nahmen mehr als 50 Diplomaten und Mitarbeiter als Geiseln - es wurde eine der längsten Geiselnahmen der Geschichte: Erst nach 444 Tagen, als der Schah in den USA gestorben war, endete sie.

Ein Graffiti ist in der ehemaligen US-amerikanischen Botschaft in Teheran zu sehen.

Andere Verhältnisse in der Region

Seitdem herrscht Eiszeit zwischen den USA und dem iranischen Regime. Die USA sind bis heute neben Israel das große Feindbild. Dabei sucht die iranische Führung aktuell nach einem Weg, um mit den neuen Realitäten in Washington und in der Region zurecht zu kommen.

In Syrien regiert nun nicht mehr Machthaber Baschar al-Assad, ein enger Verbündeter des Iran, im Libanon wurde die Hisbollah massiv geschwächt. Sie diente bisher als Bollwerk gegen Israel, das wiederum Druck auf den neuen US-Präsidenten macht, gegen den ebenfalls stark geschwächten Iran vorzugehen.

Eingang der ehemaligen US-amerikanischen Botschaft in Teheran.

Ein Haus der Revolutionsgarde

Die ehemalige US-Botschaft ist mittlerweile ein Museum. Im Inneren erinnert vieles an ein Filmset, soll aber original sein. Die USA haben die Echtheit nie dementiert: dicke Stahltüren, abhörsichere Räume, ausgekleidet mit Aluminium.

Einige ausländische Touristen schlendern durch die Botschaft, unentschieden, was sie von diesem Setting halten sollen. "Irgendwie verrückt alles", sagt ein Tourist aus Slowenien. Viel mehr traut sich hier niemand zu sagen.

Das Gebäude gehört mittlerweile der iranischen Revolutionsgarde, eine militärische Sondereinheit, die den Machterhalt des Mullah-Systems sichert. Sie gilt als mächtigste Institution im Iran, verfügt über eigene Streitkräfte, Milizen und sogar einen eigenen Geheimdienst. Gegen zahlreiche Mitglieder gibt es Sanktionen. In den USA steht die Revolutionsgarde seit 2019 auf der Terrorliste.

Trump erhöhte den Druck

Angestoßen wurde das von dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump, der im Jahr zuvor entschieden hatte, aus dem Atomabkommen mit dem Iran auszusteigen. Ein Abkommen, dass verhindern sollte, dass der Iran nukleare Waffen entwickelt.

Beteiligt an dem Abkommen waren und sind bis heute auch Russland, China, sowie drei europäische Staaten: Frankreich, das Vereinigte Königreich und Deutschland. Verabschiedet wurde es unter Trumps Vorgänger Barack Obama. Trump bezeichnete es später als "schlechtesten Deal aller Zeiten".

Und nun ein neuer Deal?

Sieben Jahre später scheint er einen eigenen Deal machen zu wollen, in dieser Rolle gefällt sich der Geschäftsmann, der nun zum zweiten Mal die größte Wirtschaftsmacht der Welt anführt.

Bei einem Besuch des israelischen Premiers Benjamin Netanjahu in Washington drohte Trump dem Iran mit maximaler Härte und neuen Sanktionen, um im gleichen Atemzug die Idee eines "nuklearen Friedensabkommens" in den Ring zu werfen.

Auf seiner eigenen Internetplattform Truth Social schrieb er kurz darauf: "Wir sollten gleich damit anfangen, es auszuarbeiten und eine große Nahost-Party veranstalten, wenn es unterzeichnet und abgeschlossen ist."

Ein rein ziviles Nuklearprogramm?

Irans Regierung reagierte zunächst nicht abgeneigt. Wenn es nur an nuklearen Waffen hänge, käme man leicht zu einem Abschluss, äußerte sich der iranische Außenminister Abbas Araghtschi. Der Iran habe nämlich keine, behauptete er.

Das sieht so macher anders. Das Land steht weiter im Verdacht, nah am Bau einer Bombe zu sein - oder das vielleicht schon jetzt zu können.

Erst im Januar warnte der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, Rafael Grossi, dass der Iran "das Gaspedal durchdrücke", wenn es um hochangereichertes Uran gehe. Der Iran sei der einzige Nicht-Atomwaffenstaat weltweit, der im Besitz solcher Mengen sei.

Khamenei rät von Verhandlungen ab

Anfang Februar äußerte sich dann Revolutionsführer Ali Khamenei zu möglichen Verhandlungen mit den USA. Der 84-Jährige hat bei allem, was im Land geschieht, das letzte Wort.

Er erklärte, Verhandlungen mit den USA seien unklug und riet der Regierung ab. Ein Spiel, glauben nicht wenige Beobachter, auch der iranische Wirtschaftsexperte Said Leylaz. Gemäß dem Motto: Verhandlungsmasse schaffen und Stärke zeigen.

Der Iran wolle mit den USA ins Gespräch kommen, sagt Leylaz. Und selbst wenn man das nicht öffentlich eingestehe: "Die USA werden den Druck auf den Iran in der kommenden Zeit so massiv erhöhen, dass der Iran in den nächsten sechs bis zwölf Monaten bereit sein wird, zu verhandeln."

Die Bürger haben andere Sorgen

Innerhalb der iranischen Gesellschaft sind viele müde, über das Thema überhaupt zu sprechen. Die anti-westliche Propaganda verhallt bei ihnen. Die iranische Führung nutze sie als Vorwand, nach dem Motto: Schuld sind immer die anderen.

Viele Iraner üben stattdessen massiv Kritik an der eigenen Führung, vor allem junge Leute stellen das System der Islamischen Republik als solches in Frage.

Auf einem Wochenmarkt, wo die Unter- und Mittelschicht einkaufen geht, platzt es aus einigen heraus. "Die Lage ist katastrophal", berichtet eine Frau um die 40. "Ich weiß nicht, ob unsere Verantwortlichen schlafen oder ob sie sich einfach dumm stellen. Wir, die Menschen im Land, sind am Ende." Sie befürworte Verhandlungen mit den USA. "Was ist denn schon dabei? Amerika ist für mich kein schlechtes Land."

Andere sind zwar nicht gegen Verhandlungen, glauben aber, die iranische Führung habe gar kein Interesse, dass Sanktionen aufgehoben werden. "Wenn sie es wirklich wollen würden, dann hätten sie längst etwas getan", meint ein Ladenbesitzer. "Sie profitieren von den Sanktionen."

Ein willkommener Vorwand?

Diesen Vorwurf hört man oft im Iran. Gemeint ist: Normale Bürger könnten mit dem Ausland nicht handeln, litten unter den hohen Preisen und dem massiven Währungsverfall, während eine Machtelite Sanktionen umgehe und sich bereichere. 

Wirtschaftsexperte Leylaz sieht das ähnlich. "Die meisten wirtschaftlichen Probleme haben wir auf Grund von Missmanagement und Korruption im eigenen Land. Man kann sagen: Sie nehmen die Leute aus, machen sie Tag für Tag ärmer. Und verstecken sich dann allein hinter den Sanktionen."

Ein Zeichen mit dem Filzstift

Zurück in der ehemaligen amerikanischen Botschaft. An einer der etwa drei Meter hohen Mauern, die das Gebäude umgeben, stellt ein blau-rotes Graffiti einen Tisch dar, an dem sich zwei Männer im Jacket gegenüber sitzen und verhandeln.

Bei einem Blick auf das, was nur unter dem Tisch sichtbar wird, erkennt man: Der Mann auf der rechten Seite trägt Anzugshose und elegante Schuhe, der auf der Linken eine Tarnhose, Waffen und Armeestiefel.

Sein Tischkärtchen verrät seine Herkunft: Vereinigte Staaten von Amerika. Auf dem seines Gegenübers steht: Islamische Republik Iran. Das Wort "Islamisch" hat - vermutlich ein Passant - mit schwarzer Farbe durchgestrichen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 17. Februar 2025 um 14:46 Uhr.