Freude in Indien über Sunak "Sohn Indiens erhebt sich über das Empire"
Stolz und eine Art Genugtuung - das fühlen viele Inder angesichts des ersten britischen Premierministers mit indischen Wurzeln. Vor allem auch, weil Sunak offen praktizierender Hindu ist.
Man muss in Indiens Hauptstadt nicht lange suchen - nach Menschen, die sich darüber freuen, dass Rishi Sunak nun britischer Premier ist. Sie seien sehr stolz auf ihn, sagt eine Frau auf der Straße. So fühlen viele Inderinnen und Inder: "Wenn jemand mit indischer Herkunft britischer Premierminister wird, also des Landes, das uns so lange beherrscht hat, dann ist das ein stolzer Moment für ganz Indien," sagt ein anderer Passant.
Es ist eine Euphorie, die sich breitmacht. "Die Geschichte bekommt eine indische Wendung", titelt die große Tageszeitung "Hindustan Times". "Ein Sohn Indiens erhebt sich über das Empire", heißt es beim Nachrichtensender NDTV. So etwas hört man auch auf der Straße. "Die Briten haben uns 200 Jahre lang regiert, und ich glaube, nun werden die Inder Großbritannien die nächsten 200 Jahre regieren," so ein Kommentar.
Die Details von Sunaks Vita spielen da kaum eine Rolle. Seine Wurzeln sind zwar im indischen Bundesstaat Punjab. Seine Eltern wurden aber in Ostafrika geboren und sind Angehörige der dortigen indischen Minderheit. Er selbst kam in Großbritannien zur Welt.
Fokus auf Sunak als Hindu
Vor allem die Tatsache, dass Sunak praktizierender Hindu ist und sich öffentlich zu diesem Glauben bekennt, sei bemerkenswert, sagte der Parlamentsabgeordnete Shashi Tharoor von der indischen Kongresspartei im Sender NDTV.
"Erinnern wir uns doch an Churchill, der gespottet hat, dass Hindus schreckliche Menschen mit einer schrecklichen Religion seien," so Tharoor. "Und jetzt haben wir hier jemanden, der Hinduismus nicht nur praktiziert, sondern der auch seinen Amtseid auf das heilige Buch der Hindus, die Bhagavad Gita, abgelegt hat. Der Fotos über Twitter verbreitet hat, wie er Kühe anbetet und Lord Krischna."
"Ähnliches in Indien kaum vorstellbar"
Der Oppositionspolitiker Tharoor merkt aber auch an, dass Ähnliches im heutigen Indien kaum vorstellbar sei: "Können Sie sich vorstellen, dass ein offener Christ oder ein offener Muslim, der öffentlich zu seinem Glauben steht, von der BJP als geeigneter Premierminister für Indien akzeptiert wird?"
Die BJP ist die Partei der regierenden Hindunationalisten von Premierminister Narendra Modi. Modi wird vorgeworfen, das Land nach rechts geführt zu haben. Die Vielfalt Indiens werde immer mehr eingeschränkt zugunsten der Hindu-Mehrheit.
Minderheiten würden entweder vereinnahmt oder ausgegrenzt. Modi selbst schickte Glückwünsche nach London und merkte an, dass die britischen Inder eine Brücke seien zwischen den beiden Nationen. Er freue sich darauf, mit dem neuen Premier die "historische Beziehung in eine moderne Partnerschaft" zu verwandeln - ein unverhohlener Hinweis darauf, dass in Indien das frühere koloniale Machtgefälle noch immer präsent ist.