Indien und Pakistan Hitzewelle bedroht Stromversorgung
Nordindien und Pakistan ächzen unter Temperaturen von über 45 Grad. In einigen Städten gibt es erste Stromausfällen - Neu-Delhis Kraftwerke müssen womöglich den Betrieb einstellen. Auch die Weizenernte ist gefährdet.
Die extreme Hitzewelle in Indien und Pakistan gefährdet zunehmend die Stromversorgung in beiden Ländern. Während aus einigen pakistanischen Städten Stromausfälle von bis zu acht Stunden gemeldet wurden, warnten die Behörden in Neu-Delhi, dass sie viele Kraftwerke nur noch "weniger als einen Tag" laufen lassen könnten.
Die Temperaturen in der indischen Hauptstadt kletterten auf über 43 Grad Celsius. "Die Situation in ganz Indien ist verheerend", sagte Arvind Kejriwal von der Regionalregierung der Hauptstadtregion. Er warnte vor den möglicherweise dramatischen Auswirkungen von anhaltenden Stromausfällen in Krankenhäusern und der U-Bahn Neu-Delhis.
Besserung wohl erst Anfang kommender Woche
Seit März leiden Hunderte Millionen Menschen in Nordindien und Pakistan unter mehreren ungewöhnliche Hitzewellen. Im April betrugen die Temperaturen vielerorts bereits mehr als 45 Grad und könnten am Wochenende die Marke von 50 Grad überschreiten, sagte eine Sprecherin der Weltwetterorganisation (WMO) in Genf. Erst Anfang der kommenden Woche sei ein Abflauen in Sicht.
Ob diese Hitzewelle direkt auf den Klimawandel zurückzuführen ist, sei noch schwer zu sagen, sagte die Sprecherin der WMO. Solche Ereignisse stimmten aber mit den Prognosen der Klimaforscher überein, dass der Klimawandel in Südasien häufigere und intensivere Extremwetterereignisse begünstigt.
Forscher befürchtet Hitzerekorde
"Der im vergangenen Jahr publizierte Weltklimabericht zeigt, dass Ereignisse, wie wir sie früher nur alle 50 Jahre erwartet haben, heute schon fünfmal häufiger auftreten", sagte der Klimaforscher Erich Fischer aus Zürich dem Schweizer Sender SRF. Solche Temperaturen seien zu dieser Jahreszeit in Teilen der betroffenen Region noch nie da gewesen. Die Hitzewelle werde voraussichtlich Rekorde brechen, befürchtet der Klimaforscher.
Gekoppelt mit der hohen Luftfeuchtigkeit herrschten dort teilweise Zustände, bei denen die Menschen an ihre Anpassungsgrenzen stießen. Nordindien und Pakistan seien eine der am dichtesten besiedelten Regionen der Welt, wo rund zehn Prozent der Weltbevölkerung leben. Die Menschen lebten eng beieinander, die Luftverschmutzung sei groß, die Nächte heiß. Viele Menschen hätten keine Möglichkeit, sich abzukühlen, meint Fischer. Wenn solche Hitzewellen länger anhalten, könnten Menschen ohne Zuflucht in klimatisierte Räume dort bald nicht mehr leben.
Indien rechnet mit Ernteausfällen
Die Rekordtemperaturen schädigen auch die Weizenernte in Indien. Seit März verkümmerte das Getreide unter der Hitze auf den Feldern. Besonders betroffen ist der nördliche Bundesstaat Punjab. Die Region gilt als Kornkammer Indiens und liefert die größte Menge für die indischen Nahrungsmittelreserve. Die Zentralregierung hatte gehofft, ein Drittel der diesjährigen Menge für die Reserve in Punjab kaufen zu können. Doch inzwischen rechnet man mit 25 Prozent weniger, teilten Agrarexperten mit.
Die Regierung in Neu-Delhi hatte zudem eigentlich geplant, Lieferausfälle aus der Ukraine wegen des russischen Angriffskriegs dort mit eigener Produktion zu kompensieren und zudem noch Weizen zu exportieren. Das ist nun ungewiss, weil die Regierung allein 25 Millionen Tonnen Weizen für ihr Sozialprogramm benötigt, das mehr als 80 Millionen Menschen ernährt.