"Säule der Schande" in Hongkong Nur noch Leere statt Tiananmen-Skulptur
Die "Säule der Schande" an der Universität Hongkong erinnerte an das Tiananmen-Massaker in Peking. Sie war lange ein Dorn im Auge der kommunistischen Führung - nun wurde die Skulptur entfernt.
Während die Skulptur entfernt wurde, schirmten Wachleute und Universitätsmitarbeiter sie mit Planen und Plastikbarrieren ab. Reporterinnen und Reporter sowie Zuschauer wurden am Filmen der Aktion gehindert. Im Internet kursieren dennoch ein paar Videos, die den Abbau aus der Ferne dokumentieren. Anschließend wurde die Skulptur mit einem Lastwagen abtransportiert.
"Ich denke nicht, dass die Leute damit gerechnet hätten, dass dies an der Uni passiert, an der angeblich am meisten Meinungsfreiheit herrscht", sagte ein 22-jähriger Student der Nachrichtenagentur Reuters. "Jetzt versucht die Universität Hongkong die erste Hochschule zu werden, die sich aller Geschichte auf dem Campus entledigt."
Zahlreiche Tote bei Tiananmen-Massaker
Die sogenannte "Säule der Schande" - auf Englisch "Pillar of Shame" - stand seit mehr als 20 Jahren auf dem Campus der Universität. Sie würdigte die Menschen, die 1989 in der chinesischen Hauptstadt Peking bei der Niederschlagung der Demokratieproteste von Soldaten getötet wurden. Einige Schätzungen gehen von hunderten Toten aus, andere von mehreren tausend Todesopfern.
Die "Säule der Schande" besteht aus rot angemaltem Beton und zeigt ausgemergelte Körper und schmerzverzerrte Gesichter. Das Kunstwerk stammt von dem Dänen Jens Galschiot. Der Künstler zeigte sich in einer ersten Reaktion schockiert. Er fordert die Skulptur zurück. Der Nachrichtenagentur AP sagte er: "Das ist meine Skulptur, sie gehört mir. Jetzt zerstören sie ein Kunstwerk, das einem ausländischen Künstler gehört. Natürlich werden wir versuchen, unser Eigentum in Hongkong zu schützen und wenn es sein muss werden wir sie verklagen."
Mehr als 20 Jahre lang stand die Skulptur des dänischen Künstlers Galschiøt auf dem Campus der Universität Hongkong.
Hongkong schränkt Freiheiten ein
Bislang war in Hongkong - anders als in Festlandchina - ein Gedenken an das Massaker von 1989 möglich. In der ehemaligen britischen Kolonie herrschen offiziell Kunst-, Meinungs- und Pressefreiheit. Seitdem die chinesische Zentralregierung im vergangenen Jahr ein sogenanntes Sicherheitsgesetz für Hongkong beschlossen hat, wird auch in der Sonderverwaltungsregion zunehmend gegen die Zivilgesellschaft vorgegangen.
Mehrere Hongkonger Aktivistinnen und Aktivisten sitzen im Gefängnis, weil sie zu Gedenkveranstaltungen an das Massaker aufgerufen oder daran teilgenommen haben.
"Die Hongkonger Studentenvereinigung gibt es nicht mehr und jetzt ist auch die 'Säule der Schande' weg", beklagt ein Aktivist gegenüber Reuters. Vermutlich wollten sie alle Erinnerungen an das Massaker auslöschen. "Deshalb müssen wir Tiananmen im Gedächtnis behalten und gegen das Vergessen kämpfen. Ich bin heute sehr früh hierher gekommen und habe ein 'Facebook live' gemacht. Ich hoffe, dass alle diesen Moment sehen und sich daran erinnern werden."
Zeitpunkt ist kein Zufall
Bereits im Oktober war bekannt geworden, dass das Mahnmal entfernt werden sollte. Dass es jetzt geschah, dürfte kein Zufall sein. Die chinesischen Behörden nutzen seit Jahren die Tage um Weihnachten und Silvester, um Aktionen durchzuführen, die im Westen möglichst wenig Aufmerksamkeit erhalten sollen.
Hintergrund ist, dass viele Korrespondentinnen und Korrespondenten über Weihnachten in ihre Heimat fliegen und Medienhäuser nur mit minimaler Besetzung arbeiten. So sind in den vergangenen Jahren rund um die Feiertage auch regelmäßig Urteile gegen chinesische Aktivistinnen und Dissidenten gefallen.