Diplomatische Verstimmungen Nagasaki erinnert an Atombombenabwurf - ohne Israel
Jedes Jahr wird im japanischen Nagasaki der Opfer des US-Atombombenabwurfs gedacht. Zu der Gedenkfeier werden auch Botschafter eingeladen - der aus Israel in diesem Jahr aber explizit nicht.
Der Druck auf Shiro Suzuki muss immens gewesen sein, doch der Bürgermeister der Stadt Nagasaki blieb bis zum Schluss dabei. Israel musste bei der Gedenkfeier für die rund 70.000 Opfer der US-Atombombe am 9. August 1945 draußen bleiben.
"Diese Entscheidung ist absolut unpolitisch", so Suzuki. "Es geht nur darum, dass wir eine Zeremonie in einer friedlichen und feierlichen Atmosphäre abhalten wollen."
Und mit Israel und den Palästinensern, die hingegen eingeladen waren, fürchtete die Stadtverwaltung Proteste, vielleicht sogar Anschläge. Ein Risiko, dass sie nicht eingehen wollte.
USA sagen Teilnahme ab
Der US-Botschafter in Japan, Rahm Emanuel, sah das anders. Die Veranstaltung sei durch das Ausschließen Israels politisiert worden. Er sagte seine Teilnahme ab - andere Länder, darunter Deutschland, kritisierten schriftlich, damit stelle die Stadt Russland und Weissrussland auf eine Stufe mit Israel.
Bürgermeister Suzuki ging in der Gedenkveranstaltung - wie erwartet - nur in anderer Weise auf das Thema ein. "Angesichts der Ungewissheit, wann die russische Invasion in der Ukraine beendet sein wird, und der wachsenden Besorgnis über die Ausweitung bewaffneter Konflikte im Nahen Osten befinden wir uns derzeit in einer kritischen Situation", so Suzuki.
Appell: Atomwaffen abschaffen
"Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die wichtige, humanitäre Norm, an die wir uns bisher gehalten haben, nicht mehr gilt", sagte Suzuki - die Norm: niemals mehr Atomwaffen einzusetzen. Er appelliert an die Staatenlenker, Atomwaffen abzuschaffen.
"Stellen Sie sich vor, was passieren würde, wenn ein Konflikt, wie er in der heutigen Welt herrscht, eskaliert und zu einem Atomkrieg führt. Das hätte nicht nur verheerende Auswirkungen auf das Leben der Menschen, sondern auch auf die globale Umwelt und würde eine ernste Bedrohung für unsere Existenz darstellen."
Seine eigene Regierung erinnerte Suzuki daran, dass sie immer noch nicht den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnet hat, der es unter anderem verbietet, Kernwaffen zu stationieren und zu produzieren.
Ein Überlebender erinnert sich
In diesen Appell reiht sich auch Seiichiro Mise, ein Überlebender des US-Atombombenabwurfs ein. "Ich hoffe inständig, dass Japan als Opfer von Atombomben deren Abschaffung als wichtigstes, weltweites Ziel verfolgt."
In einer bewegenden Rede schildert er, wie er einige Tage nach dem Atombombenabwurf als Zehnjähriger seine alte Schule aufsuchte und überall verbrannte Körper sah - Menschen, die nach Wasser riefen:
Dann verstummten plötzlich diejenigen, die eben noch vor Schmerz geschrien hatten und hörten auf zu atmen. Erwachsene trugen sie an ihren Köpfen und Füßen nach draußen auf den Sportplatz, gruben ein Loch und verbrannten sie, nachdem sie ihre Körper auf ein Brett gelegt hatten. Ich werde nie vergessen, wie meine Schule zu einem Krematorium wurde.
Auch Schülerinnen und Schüler nahmen an der Gedenkveranstaltung in Nagasaki teil.
Japanische Regierung hält sich zurück
Japans Regierung reagierte sowohl auf die Appelle als auch die Kontroverse um die Nichteinladung Israels zurückhaltend. Das sei eine Angelegenheit der Stadtverwaltung Nagasakis, hieß es.
Regierungschef Fumio Kishida sagte anschließend lediglich: Eine Welt ohne Nuklearwaffen könnte schwierig werden, aber Japan werde sich dafür einsetzen, dass aus diesem Ideal Realität werde.
Nach einer Stunde bei 33 Grad im Schatten und hoher Luftfeuchtigkeit sorgten Schülerinnen und Schüler mit Gesang noch mal für einen besonders friedlichen Moment.