Israel erhöht Druck vor Verhandlungen Heftige Gefechte in Gaza-Stadt
In Gaza-Stadt wird wieder heftig gekämpft, was die bevorstehenden Gespräche zur Geiselfreilassung gefährden könnte. Damit drohte zumindest Hamas-Auslandschef Haniyya. Israel setzt dagegen weiter auf Druck
Wieder flammen die Gefechte im Norden Gazas zwischen israelischer Armee und Hamas-Terroristen auf. Augenzeugen berichten, wie Panzer immer tiefer in verschiedene Bezirke von Gaza-Stadt vordringen.
Im östlichen Viertel Schedjaja sollen die Kämpfe besonders heftig sein. In den Trümmerschluchten im westlich gelegenen Viertel Rimal setzt Muhammad Bisan seine drei Kinder, auf einen Eselskarren voller Habseligkeiten. Sie wollen nur weg, wohin wissen sie nicht.
"Es war unbeschreiblich", sagt er, "Flugzeuge und Artillerie haben nachts aus allen Richtungen geschossen, auch Drohnen. Wir wussten nicht, wohin wir rennen sollten - rechts oder links."
Bevölkerung ist verzweifelt
Abdullah Khammash, ein weiterer Anwohner, versucht, der erneuten Evakuierungsanordnung der israelischen Armee Folge zu leisten. Die hatte die Bewohner in zentralen Vierteln in Gaza-Stadt aufgerufen, in ein Gebiet in der Mitte des Küstenstreifens zu flüchten.
Die UN verurteilte den Aufruf, in Gebiete zu flüchten, die völlig überfüllt seien und in denen "Zivilisten getötet und verletzt werden".
Anwohner Khammasch ist ratlos: "Wo sollen wir hin? Die israelische Armee sagt, wir sollen dieses Gebiet verlassen und woanders hingehen. Von da kommen sie dann aber." Um drei Uhr nachts seien sie hinter das Haus ihres Nachbarn gerannt, hätten auf der Straße geschlafen. "Wir schlafen in den Trümmern. Begraben sie uns einfach lebend und machen dem ein Ende."
Hamas sieht Verhandlungen gefährdet
Der erneute Vorstoß in Gaza-Stadt bewegte auch den Auslandschef der Hamas, Ismail Haniyya, zu einer Reaktion. Er habe den Unterhändlern der bevorstehenden Gespräche zur Freilassung der Geiseln gesagt, das erneute Vordringen der Armee in Gaza-Stadt könnten die Verhandlungen an auf den Nullpunkt zurückwerfen. Dafür trage Benjamin Netanyahu die Verantwortung, hieß es in einer Mitteilung.
Der israelische Premier hatte zuletzt noch einmal seine roten Linien für die Gespräche aufgezeigt. So dürften bewaffnete Kämpfer nicht zurück in den Norden Gazas. Auch der Waffenschmuggel aus Ägypten über den sogenannten Philadelphi-Korridor müsse gestoppt werden.
Dies könnte ein Knackpunkt bei den Verhandlungen sein, hieß es im israelischen Fernsehen: "Gerade trifft sich der Chef des Geheimdienstes mit den amerikanischen und ägyptischen Vermittlern", sagt der Journalist Suleiman Maswadeh, der die Verhandlungen verfolgt. "Dort werden Punkte besprochen, die ein Abkommen mit der Hamas voranbringen sollen: den Abzug der israelischen Truppen, sowohl vom Grenzübergang Rafah als auch aus dem Philadelphi-Korridor.
Israel und die Armee würden für die Freilassung der Geiseln sowohl auf den Grenzübergang Rafah als auch auf den Philadelphi-Korridor verzichten müssen und die zivile Kontrolle an Ägypten übergeben, so Maswadeh weiter.
Gespräche bleiben streng geheim
Was wirklich hinter den Kulissen diskutiert wird, ist streng geheim. Zu Beginn der Gespräche mit Unterhändlern und Konfliktparteien in Kairo und Doha mahnte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, John Kirby: "Sie sehen auf beiden Seiten Kommentare, die nicht das ausdrücken, was wir wirklich hinter verschlossenen Türen besprechen."
Bislang scheinen die Fronten weiter verhärtet zu sein. "Jedes Abkommen wird Israel erlauben, die Kämpfe wieder aufzunehmen, bis alle Kriegsziele erreicht sind", heißt es aus dem Büro des israelischen Ministerpräsidenten, dem vorgeworfen wird er blockiere ein Abkommen. Netanyahu lege "den Verhandlungen zusätzliche Hindernisse in den Weg", hieß es in einer Erklärung der Hamas. Die Vermittler wollen nun versuchen, strittige Punkte zu überbrücken.