Krieg in Nahost Erste Gaza-Hilfen über Seeweg schon am Wochenende?
Mehrere Staaten wollen die Menschen im Gazastreifen auch über das Meer mit Hilfen versorgen - darunter Deutschland. Die USA wollen dafür einen Hafen einrichten. Die ersten Schiffe könnten schon am Wochenende ablegen.
Die Bevölkerung im Gazastreifen soll künftig auch über den Seeweg humanitäre Hilfsgüter erhalten. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hofft, dass eine für den Transport geplante Route über das Mittelmeer schon ab dem Wochenende genutzt werden kann.
"Wir stehen jetzt kurz vor der Eröffnung des Korridors - hoffentlich diesen Samstag, diesen Sonntag", sagte von der Leyen bei einem Besuch in der zyprischen Hafenstadt Larnaka. Begleitet wurde sie von Zyperns Präsident Nikos Christodoulidis. Von Larnaka aus sollen die Schiffe mit den Hilfslieferungen ablegen.
Das Vorhaben, den Gazastreifen auch über den Seeweg zu versorgen, wird neben der Europäischen Kommission auch von Deutschland, Griechenland, Italien, den Niederlanden, der Republik Zypern, Großbritannien, den USA und den Arabischen Emiraten unterstützt. Außerdem arbeiten die Staaten der mit UN-Koordinatorin für humanitäre Hilfe und Wiederaufbau im Gazastreifen, Sigrid Kaag, zusammen.
"Zypern wird in Kürze hochrangige Beamte versammeln, um zu erörtern, wie wir diesen Seeweg zur Unterstützung der Bedürftigen beschleunigen und die Land- und Luftwege, auch von Ägypten und Jordanien, ergänzen können", hieß es in einer Erklärung der EU-Kommission. Die Staaten würden weiter mit Israel zusammenarbeiten, um Lieferungen auf dem Landweg auszuweiten - "und darauf bestehen, dass Israel mehr Routen ermöglicht und zusätzliche Übergänge öffnet, um mehr Menschen mit Hilfe zu versorgen".
Hafen im Gazastreifen für Hilfslieferungen geplant
Vor allem Zypern selbst engagiert sich bereits seit Monaten für humanitäre Hilfe per Schiffstransport. Das bisherige Problem: Es gibt im Gazastreifen keinen Hafen mit genügend Tiefgang, an dem auch große Schiffe anlegen können.
Die USA wollen darum zusammen mit internationalen Partnern einen temporären Hafen an dem Küstenstreifen einrichten. US-Präsident Joe Biden bestätigte das Vorhaben in seiner Rede zur Lage der Nation. Geplant sei ein Pier, an dem auch große Schiffe anlegen können, um Nahrungsmittel, Wasser, Medizin und Notunterkünfte zu liefern. Die Schiffslieferungen böten dabei die Kapazität von Hunderten zusätzlichen Lkw-Ladungen.
Wie die israelische Zeitung "Haaretz" berichtete, werde Israels Regierung die Einfuhr von Hilfsgütern in den Gazastreifen auf dem Seeweg erlauben. Israel habe eine entsprechende Vereinbarung mit nicht näher benannten internationalen Institutionen getroffen, hieß es in dem Bericht.
Zunächst Übergangslösungen notwendig
Bis der geplante Hafen jedoch fertig ist, kann es voraussichtlich noch mehrere Wochen dauern. Bis dahin sollen beim Entladen der Schiffe Übergangslösungen gefunden werden, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete.
So könnten die Hilfsgüter von den großen auf kleinere Schiffe verladen werden, die dann vor dem Gazastreifen anlegen können. Eine andere Variante sei es, dass die Schiffe zunächst Häfen in Israel oder Ägypten ansteuern, von wo die Hilfsgüter dann über den Landweg in den Gazastreifen gebracht werden.
UN befürworten Hilfe über den Seeweg
Die UN begrüßten die geplanten Hilfslieferungen über das Meer und den in Aussicht gestellten Hafen im Gazastreifen. Jede Anstrengung, die Not der hilfsbedürftigen Menschen in dem umkämpften Gebiet zu lindern, sei willkommen, sagte UN-Sprecher Rolando Gomez.
Auch der britische Außenminister David Cameron betonte, seine Regierung werde sich "an der Seite der USA dafür einsetzen", damit der Transport über den Seekorridor klappe.
Mehr Lieferungen über den Landweg notwendig
Gleichzeitig appellierten sowohl Cameron als auch die UN an Israel, mehr Hilfslieferungen über den Landweg nach Gaza zuzulassen. Dies sei der schnellste Weg, um Hilfsgüter an Bedürftige zu liefern, betonte Cameron.
Auch der Sprecher der Weltgesundheitsorganisation Tarik Jasarevic betonte, ein Transport über eine Anlegestelle an der Küste könne die Lieferung über Land nicht vollständig ersetzen. Schätzungen der UN zufolge sind im Gazastreifen mittlerweile mehr als eine halbe Million Menschen vom Hungertod bedroht. Pro Tag müssten 500 Lkw-Ladungen mit Hilfsgütern die Bevölkerung erreichen, um eine ausreichende Notversorgung zu gewährleisten.
Neben den Hilfstransporten über Land und ab dem Wochenende voraussichtlich auch über das Meer versuchen mehrere Länder, die palästinensische Bevölkerung in Gaza auch aus der Luft mit Hilfsgütern zu versorgen. Vor rund einer Woche begannen die USA damit, Hilfspakete über dem Gazastreifen abzuwerfen. Auch Ägypten und Jordanien führen Hilfslieferungen aus der Luft durch.