Rauchschwaden sind zu sehen, wo Raketen werden aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert wurden.

Waffenruhe ausgelaufen Kämpfe im Gazastreifen wieder aufgenommen

Stand: 01.12.2023 10:51 Uhr

Nach dem Ablauf der Waffenruhe hat Israel den Kampf gegen die Hamas wieder aufgenommen. Das israelische Militär warf der Terrororganisation vor, die Feuerpause gebrochen zu haben. Aus dem Gazastreifen kamen Berichte über Tote und Verletzte.

Die im Krieg zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas vereinbarte Feuerpause für den Gazastreifen ist am Morgen ausgelaufen. Die israelische Armee nahm nach eigenen Angaben die Kämpfe in dem Gebiet wieder auf. Israels Militär warf der Hamas vor, gegen die Feuerpause verstoßen zu haben. Es hatte kurz vor Ablauf der Frist nach eigenen Angaben zunächst einen mutmaßlichen Raketenangriff aus dem Gazastreifen abgewehrt. Anschließend wurden mehrere Angriffe aus dem abgeriegelten Gebiet Richtung Israel gemeldet, die nicht abgewehrt worden seien. Die Hamas äußerte sich bislang nicht dazu.

Die Armee gab an, Hamas-Stellungen in Gaza aus der Luft anzugreifen. Der arabische Fernsehsender Al-Dschasira berichtete unter Berufung auf Augenzeugen von schweren Kämpfen in der Stadt Gaza und anderen Gebieten im Norden des Gazastreifens. Es habe demnach Tote und Verletzte gegeben. Weitere Medien meldeten auch Kämpfe im südlichen Teil des Gebiets.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die israelischen Streitkräfte veröffentlichten eine Karte mit Gebieten für den Fall einer Evakuierung. Die interaktive Karte in arabischer Sprache zeige das Gebiet in kleinteilige Bereiche aufgeteilt, um den Bewohnern zu ermöglichen, "sich zu orientieren, die Anweisungen zu verstehen und sich bei Bedarf von bestimmten Orten aus in Sicherheit zu bringen".

In Israel ertönte unterdessen in mehreren Ortschaften nahe dem Grenzzaun zum palästinensischen Küstengebiet Raketenalarm. Das deutete darauf hin, dass die Hamas ihrerseits wieder ihre Angriffe aufgenommen hat.

Luftangriffe und Kämpfe im Gazastreifen treiben Menschen in die Flucht

Alf Meier, BR, tagesschau, 01.12.2023 12:00 Uhr

Verhandlungen über Fortsetzung der Feuerpause

Nach Aussage Katars laufen die Verhandlungen über eine erneute Feuerpause trotz der wiederaufgenommenen Kämpfe weiter. "Das Außenministerium bestätigt, dass die Verhandlungen zwischen der palästinensischen und der israelischen Seite mit dem Ziel der Rückkehr zur Feuerpause fortgesetzt werden", hieß es in einer Erklärung. Die "anhaltenden Bombardierungen des Gazastreifens in den ersten Stunden nach Ende der Feuerpause" erschwerten jedoch die Verhandlungen. Katar forderte die internationale Gemeinschaft auf, schnell zu handeln, um die Kämpfe zu beenden.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock forderte ebenfalls ein Ende der Kämpfe. "In diesen Minuten müssen wir alles dafür tun, dass die humanitäre Feuerpause fortgeführt wird", sagte die Grünen-Politikerin. Nötig sei dies "sowohl für die verbleibenden Geiseln, die seit Wochen in finsteren Tunneln auf Freilassung hoffen, als auch für die notleidenden Menschen in Gaza, die dringend mehr humanitäre Hilfe benötigen". Das Leid sei für die Menschen in Israel wie für die Menschen in Gaza unerträglich, erklärte Baerbock zur aktuellen Lage.

Israel werde niemals in Sicherheit leben können, wenn der Terror nicht bekämpft werde. Zugleich könne es nur Sicherheit für Israel geben, wenn auch die Palästinenser eine Zukunftsperspektive hätten.

"Große Verzweiflung", Tim Aßmann, ARD Tel Aviv, über den Verbleib der Geiseln nach Ende der Feuerpause

tagesschau, 01.12.2023 12:00 Uhr

Netanyahu bekräftigt Kriegsziele

Premierminister Benjamin Netanyahu bekräftigte die Ziele Israels im Kampf gegen die Hamas. Dies seien die Befreiung aller Geiseln im Gazastreifen und die Vernichtung der Hamas, ließ er über sein Büro erklären. Es müsse sichergestellt werden, dass die Hamas nie wieder eine Bedrohung für israelische Bürger darstelle.

Netanyahu warf der militant-islamistischen Organisation vor, gegen Vereinbarungen der ausgelaufenen Waffenruhe verstoßen zu haben. Die Hamas habe neben den abgefeuerten Raketen nicht wie vereinbart alle weiblichen Geiseln freigelassen.

Die Hamas erklärte nach der Wiederaufnahme der Kämpfe, die internationale Gemeinschaft, angeführt von den USA, trage die Verantwortung für "die Fortsetzung des brutalen Krieges gegen Zivilisten, Kinder und Frauen". Das palästinensische Volk habe "das Recht, sich mit allen Mitteln zu verteidigen, und es hat das Recht, seine Freiheit und Unabhängigkeit zu erlangen, seinen palästinensischen Staat mit Jerusalem als Hauptstadt zu errichten und die Besatzung (Israel) in Übereinstimmung mit internationalen und UN-Regeln vollständig aus seinem Land zu entfernen", heißt in der Erklärung der Terrororganisation weiter.

Mehr als 100 Geiseln frei

Beide Seiten hatten unter Vermittlung Katars sowie Ägyptens und der USA vor einer Woche eine Feuerpause vereinbart, die seither zwei Mal verlängert worden war - zuletzt um einen Tag. Die Vereinbarung hatte den Austausch von Geiseln der Hamas gegen palästinensische Gefangene in israelischer Haft sowie beschleunigte Hilfslieferungen in den Gazastreifen ermöglicht.

Insgesamt wurden mehr als 100 in den Gazastreifen verschleppte Geiseln freigelassen, darunter auch 14 Israelis mit deutscher Staatsangehörigkeit. Israel entließ im Gegenzug mehr als 200 palästinensische Häftlinge aus den Gefängnissen. Die Regierung vermutet laut der "Times of Israel", dass sich noch etwa 140 Geiseln im Gazastreifen befinden. Darunter sollen sich allerdings nur noch wenige Frauen und Kindern befinden.

Attentat in Jerusalem

Zuletzt war die Kritik in Israel an der Feuerpause gewachsen. Nach einem Attentat an einer Bushaltestelle in Jerusalem, zu dem sich die Hamas bekannte und bei dem drei Menschen getötet und weitere verletzt wurden, forderte Israels rechtsextremer Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir ein Ende der Feuerpause. "Mit einer Hand unterschreibt die Hamas eine Feuerpause, und mit einer anderen Hand schickt sie Terroristen, um Juden in Jerusalem zu ermorden", schrieb der Minister auf der Plattform X.

US-Außenminister Antony Blinken hatte am Donnerstag Israels Führung mit deutlichen Worten aufgefordert, die Zivilisten im Gazastreifen zu schützen. Sollte Israel den Krieg wieder aufnehmen und gegen den südlichen Gazastreifen vorrücken, um die Hamas zu verfolgen, sei es "zwingend erforderlich", dass sich Israel an das humanitäre Völkerrecht und die Regeln der Kriegsführung halte, sagte Blinken. Die zahlreichen Todesopfer in der Zivilbevölkerung und die Vertreibung in dem Ausmaß, wie man sie im nördlichen Gazastreifen gesehen habe, dürfe sich im Süden nicht wiederholen, mahnte er.

Julio Segador, ARD Tel Aviv, tagesschau, 01.12.2023 07:00 Uhr