Reaktionen auf Geisel-Freilassung "Das kann nur ein Anfang sein"
Nach der Freilassung von 24 Geiseln im Gazastreifen haben sich westliche Politiker erleichtert gezeigt. Kanzler Scholz forderte, nun müssten auch alle anderen Geiseln freikommen. US-Präsident Biden warb erneut für eine Zweistaatenlösung.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich erleichtert über die Freilassung von Geiseln der Terrororganisation Hamas gezeigt und dies auch für die übrigen mehr als 200 Geiseln gefordert. "Es ist eine gute Nachricht, dass endlich eine erste Gruppe von Geiseln freigelassen wurde. Wir können kaum ermessen, was sie und ihre Angehörigen in den letzten Wochen haben durchmachen müssen", hieß es auf seinem Kanal auf der Internet-Plattform X. Dies sei das Ergebnis unermüdlicher Diplomatie - der Dank gelte allen, die sich dafür engagiert hätten. "Der heutige Tag kann nur ein Anfang sein. Hamas muss alle Geiseln bedingungslos freilassen!"
Zuvor hatte die islamistische Hamas 24 im Oktober entführte Geiseln freigelassen, darunter vier Doppelstaatler, die auch die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Bei den Deutschen handelt sich um eine 77-Jährige sowie die 34-Jährige Doron Katz-Asher mit ihren beiden Töchtern im Alter von zwei und vier Jahren. Alle vier waren am 7. Oktober von der Terrororganisation Hamas aus dem Kibbuz Nir Oz entführt worden. Die 77-Jährige war mit ihrem 79-jährigen Mann in den Gazastreifen verschleppt worden. Nach Angaben ihres Bruders leidet sie an Krebs und ist schwerkrank.
Ihre Freilassung war Teil einer von Katar vermittelten Vereinbarung, die eine viertägige Waffenruhe im Krieg zwischen Israel und der Hamas vorsieht. Im Rahmen der Feuerpause, die am Freitagmorgen begann, sollen insgesamt 50 der etwa 240 Hamas-Geiseln freigelassen werden. Im Gegenzug sollen 150 palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen freikommen.
Baerbock "unendlich erleichtert"
Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock begrüßte die Freilassung der Geiseln. "Ich bin unendlich erleichtert, dass soeben 24 Geiseln aus Gaza freigekommen sind, darunter vier Deutsche", sagte die Grünen-Politikerin. "Die Freilassung aller verbliebenen Geiseln, insbesondere auch der Deutschen unter ihnen, bleibt für uns oberste Priorität", fügte sie hinzu.
Baerbock dankte dem katarischen Außenminister Mohammed bin Abdurrahman al-Thani und Ägypten für ihre Vermittlungsbemühungen. Angesichts der "unvorstellbaren Not der Menschen" im Gazastreifen forderte Baerbock mehr humanitäre Hilfe. Die Feuerpause müsse so lange wie möglich halten, um die Menschen im Gazastreifen mit Medizin, Lebensmitteln, Wasser und anderen Hilfsgütern zu versorgen.
Biden wirbt für Zweistaatenlösung
US-Präsident Joe Biden bekräftigte bei seiner Ansprache nach der Freilassung der Geiseln mit deutlichen Worten das Ziel einer Zweistaatenlösung. "Wenn wir in die Zukunft blicken, müssen wir den Kreislauf der Gewalt im Nahen Osten durchbrechen", sagte Biden. "Wir müssen unsere Entschlossenheit erneuern, diese Zweistaatenlösung anzustreben, in der Israelis und Palästinenser eines Tages Seite an Seite (...) mit einem gleichen Maß an Freiheit und Würde leben können", betonte der US-Präsident. "Zwei Staaten für zwei Völker. Das ist jetzt wichtiger denn je."
Weiter sagte Biden: "Die Hamas hat diesen Terroranschlag verübt, weil sie nichts mehr fürchtet, als dass Israelis und Palästinenser Seite an Seite in Frieden leben." Wenn man den Weg des Terrors, der Gewalt und des mörderischen Krieges weitergehe, dann gebe man der islamistischen Terrororganisation, was sie suche.
Auf die Frage, ob der US-Präsident der Hamas bei der Einhaltung des Abkommens zur Freilassung der Geiseln traue, sagte Biden: Die Hamas reagiere auf Druck. Darauf vertraue er. Nicht aber darauf, dass sich die Hamas an irgendetwas halte.
Geiseln wieder in Israel
Mittlerweile konnten die von der Hamas freigelassenen Geiseln nach Angaben des israelischen Militärs nach Israel zurückkehren. Sie seien medizinisch untersucht worden und in "gutem Zustand", teilte Militärsprecher Daniel Hagari mit. Ihr Leben sei nicht in Gefahr. 22 der Betroffenen seien zunächst zu einem Luftwaffenstützpunkt in der Negev-Wüste gebracht worden. Danach würden sie mit Hubschraubern der Luftwaffe in Krankenhäuser gebracht. Dort werden sie den Angaben nach auch mit ihren Angehörigen wiedervereint. Zwei israelische Staatsbürger seien aus zunächst nicht genannten Gründen direkt in Krankenhäuser gefahren worden.
Das israelische Militär rief die Öffentlichkeit und die Medien zu Geduld und Sensibilität auf: "Wir bitten alle darum, die Privatsphäre der freigelassenen Geiseln und ihrer Familien zu respektieren." Psychologen gehen davon aus, dass besonders die Kinder nach sieben Wochen Geiselhaft schwer traumatisiert sein könnten. Sie haben auch am 7. Oktober schlimmste Gewalt miterlebt.
39 palästinensische Häftlinge entlassen
Laut Katar kamen neben 13 israelischen Geiseln auch zehn thailändische und eine philippinische Geisel frei. Im Gegenzug seien 39 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freigelassen worden. Nach palästinensischen Angaben sind unter ihnen 24 Frauen sowie 15 Jungen im Teenageralter.
Die vereinbarte viertägige Waffenruhe scheint unterdessen bislang zu halten. Nach übereinstimmenden Berichten halten sich beide Seiten - das israelische Militär und die Hamas - an die Vereinbarung. Auch die Hisbollah im nördlich gelegenen Libanon hat offenbar zugestimmt, den Beschuss von israelischem Staatsgebiet einzustellen.