Eskalation um Südkoreas Präsident Wie geht es nach Yoons Verhaftung weiter?
Wochenlang hatte er sich in seiner Residenz verschanzt, jetzt wurde Südkoreas suspendierter Präsident Yoon verhaftet. Die Behörden haben 48 Stunden Zeit, ihn zu verhören. Was danach passiert, ist unklar.
Um genau 10:33 Uhr Ortszeit ist die wochenlange Nervenschlacht beendet: Südkoreas suspendierter Präsident Yoon Suk Yeol folgt Polizeikräften in einen schwarzen SUV und lässt sich in seiner Residenz in Seoul verhaften.
Praktisch zur selben Zeit veröffentlicht sein Team eine zuvor aufgezeichnete Videobotschaft: "Um unglückliche Zwischenfälle oder Blutvergießen zu vermeiden, habe ich beschlossen, der Vorladung des Korruptionsermittlungsbüros Folge zu leisten, auch wenn ihre Ermittlungen illegal sind", sagt Yoon darin. Die Rechtsstaatlichkeit in Südkorea sei völlig zusammengebrochen, fügt er beinahe trotzig hinzu.
Yoon-Anhänger behindern Polizei
In den frühen Morgenstunden treffen mehr als 3.000 Polizisten und Ermittler am Sitz des Präsidenten ein, um ihn festzunehmen. Sie klettern mit Leitern über Zäune und geparkte Busse, die den Zugang zu Yoons Wohnanlage erschweren sollen.
Am 3. Januar war ein erster Versuch noch gescheitert, diesmal ergibt sich Yoon nach rund fünf Stunden. Er verhindert damit eine Eskalation - auch zwischen Demonstranten vor Ort und der Polizei. "Wenn der Präsident verhaftet werden sollte, werden wir alle hier, das Volk dieses Landes, bereit sein, die Verhaftung um jeden Preis zu verhindern", sagt einer der Yoon-Anhänger wenige Stunden vor der Festnahme.
Eine Frau sieht es anders: "Ich glaube, die Verhaftung sollte so schnell wie möglich erfolgen. Die Anhänger von Präsident Yoon könnten zwar argumentieren, dass es hier um die nationale Würde geht und dass man einen Präsidenten so nicht behandeln sollte. Aber unabhängig davon halte ich es für falsch, dass der Anführer einer Rebellion keine rechtlichen Konsequenzen zu befürchten hat und sich weiterhin dagegen wehrt, obwohl ein Haftbefehl ausgestellt wurde."
48 Stunden Zeit für die Ermittler
Wochenlang hatte sich Yoon hinter Barrikaden, Stacheldrahtzäunen und beschützt von einer kleinen Armee von Sicherheitsleuten verschanzt. Er hatte jegliche Kooperation mit den Ermittlungsbehörden verweigert, erschien zu keiner einzigen Anhörung. Nun wird er erstmals wegen des Vorwurfs des Aufruhrs und des Machtmissbrauchs verhört. Wie die Behörden mitteilten, schweigt er bislang.
48 Stunden haben die Ermittler Zeit, Yoon zu befragen. Dann erfolgt entweder ein neuer Haftbefehl oder Yoon wird freigelassen, erklärt Rechtswissenschaftler Paik Eun Seok im Fernsehsender Arirang: "Dass Yoon am Ende mehr oder weniger freiwillig mitgekommen ist, macht keinen Unterschied. Und in Anbetracht dessen, dass er bislang nicht wirklich mit den Behörden kooperiert hat, müssen wir abwarten, ob die Ermittlungsbehörde tatsächlich einen neuen Haftbefehl beantragen wird." Passiert das, könnten ihn die Ermittler bis zu 20 Tage festhalten.
Opposition begrüßt Verhaftung
Südkoreas größte Oppositionspartei, die Yoon einen Schwerverbrecher nennt, begrüßt die Verhaftung des suspendierten Präsidenten. Oppositionsführer Park Chan Dae spricht von einem ersten Schritt zur Wiederherstellung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
Auch Südkoreas wichtigster Verbündeter, die USA, haben sich geäußert. In einer Erklärung des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses heißt es: "Die Vereinigten Staaten stehen zu ihrer Unterstützung für das koreanische Volk und dem gemeinsamen Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit." Man werde weiterhin mit der Regierung in Seoul zusammenarbeiten.