Chinesischer Volkskongress Strengeres Wahlsystem für Hongkong beschlossen
Mit einer umstrittenen Reform des Hongkonger Wahlrechts erhöht China den Druck auf die Sonderverwaltungszone. Zum Abschluss seiner Jahrestagung brachte der Volkskongress zudem einen Fünf-Jahres-Plan auf den Weg.
Die Abgeordneten des chinesischen Volkskongresses haben für die umstrittene Wahlrechtsreform in Hongkong gestimmt. Das Parlament nahm den Beschluss auf der Abschlusssitzung seiner Jahrestagung in Peking mit 2895 Ja-Stimmen an. Es gab keine Nein-Stimmen und eine Enthaltung.
Nach dem Erlass des umstrittenen "Sicherheitsgesetzes" im vergangenen Jahr ist die Wahlreform ein weiterer Schlag für das freiheitliche System in Hongkong. Die Regierungsgewalt der Stadt solle "fest in die Hände von Kräften gelegt werden, die patriotisch sind und Hongkong lieben", sagte der Parlamentssprecher Wang Chen.
Peking will mehr Einfluss im Hongkonger Parlament
Laut dem Beschluss, den die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua kurz nach der Abstimmung veröffentlichte, soll das Komitee zur Wahl des Hongkonger Regierungschefs von bisher 1200 auf 1500 Mitglieder vergrößert werden. Demnach sollen künftig unter anderem auch Hongkonger Abgeordnete des Volkskongresses vertreten sein, womit das ohnehin schon dominante Pro-Peking-Lager noch mehr an Einfluss gewinnen würde.
Das Lager der Opposition dürfte dagegen schrumpfen. Das Hongkonger Parlament soll laut dem Beschluss von 70 auf 90 Plätze vergrößert werden. Geplant ist zudem, einen "Überprüfungsausschuss" einzurichten, der Kandidaten sowohl für das Parlament als auch für den Wahlausschuss des Regierungschefs erst auf ihre Tauglichkeit prüft.
Kritiker hatten im Vorfeld gewarnt, dass mit der Reform de facto die Demokratie in Hongkong begraben werde. Denn "patriotisch" sei aus Pekings Sicht nur, wer der Linie der Kommunistischen Partei folge. Die EU und die USA sehen in der Änderung des Wahlrechts eine eklatante Verletzung der Autonomierechte Hongkongs.
Bereits mit der Einführung des sogenannten Sicherheitsgesetzes für die Sonderverwaltungszone im vergangenen Jahr hatte die chinesische Führung den Druck auf Regierungsgegner in Hongkong deutlich erhöht. Das Gesetz erlaubt den Behörden ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen.
Es bedeutet den bislang schwersten Eingriff in die bei der Übergabe der britischen Kronkolonie an China 1997 für 50 Jahre festgeschriebenen Autonomierechte Hongkongs. Mit dem sogenannten Sicherheitsgesetz reagierte Peking auf die Massenproteste der Demokratiebewegung im Jahr 2019.
Fünf-Jahres-Plan für mehr wirtschaftliche Unabhängigkeit
Zum Abschluss seiner Jahrestagung stellte der Volkskongress am Donnerstag in Peking mit dem neuen Fünf-Jahres-Plan die Weichen, um die zweitgrößte Volkswirtschaft eigenständiger zu machen. Die Regierung will die Binnennachfrage stärken und die Investitionen in Forschung und Entwicklung um jährlich mehr als sieben Prozent steigern. Damit soll die technologische Abhängigkeit vom Ausland verringert werden. Die Strategie ist eine Reaktion auf die Unterbrechung von Lieferketten durch US-Sanktionen gegen Chinas Technologie-Konzerne und die globale Rezession durch die Corona-Pandemie.
Mit dem Arbeitsbericht von Regierungschef Li Keqiang billigten die Abgeordneten zum Abschluss ihrer einwöchigen Sitzung auch das Wachstumsziel von "mehr als sechs Prozent" für dieses Jahr. Der Währungsfonds rechnet sogar mit 8,1 Prozent Wachstum in diesem Jahr in China, denn mit strikten Maßnahmen wie Ausgangssperren, Quarantäne, Massentests, Kontaktverfolgung und Einreisebeschränkungen hat China das Coronavirus weitgehend unter Kontrolle gebracht. Alltag und Wirtschaftstätigkeit haben sich längst normalisieren können. Das Haushaltsdefizit liegt mit 3,2 Prozent Anteil an der Wirtschaftsleistung dennoch erneut über der allgemein als kritisch angesehenen Grenze von drei Prozent.
Höhere Militärausgaben
Vor dem Hintergrund der wachsenden Spannungen mit den USA, Indien, Taiwan und Nachbarn im Ostchinesischen und Südchinesischen Meer sollen auch die Verteidigungsausgaben wieder kräftig um 6,8 Prozent steigen - stärker als die Gesamtausgaben im Etat. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping rief das Militär zur "Kampfbereitschaft" auf und forderte eine "hochkarätige strategische Abschreckung".
Der neue Fünf-Jahres-Plan für 2021 bis 2025 und die langfristigen Ziele bis 2035 wurden mit 2873 Stimmen angenommen - bei nur elf Gegenstimmen und zwölf Enthaltungen. Der Haushalt wurde mit 2843 Stimmen angenommen. Nur 36 Abgeordnete stimmten dagegen, 17 enthielten sich. Auch alle Arbeitsberichte der Regierung wurden wie erwartet gebilligt. Der nicht frei gewählte Volkskongress hat in seiner Geschichte noch nie eine Vorlage der Regierung abgelehnt.