Bericht von Radio Free Asia Offenbar Massenfestnahmen nach Protesten in Tibet
In Tibet sollen nach Berichten des Senders Radio Free Asia nach Protesten mehr als 1.000 Menschen festgenommen, verhört und einige geschlagen worden sein. Auslöser der Proteste ist offenbar ein geplanter Staudamm.
Es dringt nicht viel durch an Informationen aus Tibet. Am Samstag soll die chinesische Polizei mit groß angelegten Verhören begonnen haben. Dabei sollen einige Tibeter so schwer geschlagen worden sein, dass sie ärztlich behandelt werden mussten. Das berichtet der von den USA finanzierte Sender Radio Free Asia unter Berufung auf mehrere Quellen vor Ort.
Der Sender hat den Auftrag, insbesondere aus Ländern mit eingeschränkter Pressefreiheit zu informieren. Ihm zufolge hatte es in den vergangenen Tagen Proteste gegeben - und zwar in Dege, einem osttibetischen Landkreis im chinesischen Landesteil Sichuan, direkt an der Grenze zum Landesteil Tibet.
Polizisten zwingen Mönche zu Boden
Auf einem Video, das der Radiosender erhalten hat, ist zu sehen, wie tibetische Mönche in rotem Gewand sich auf einem Platz vor einer Stadthalle versammeln und teils von Menschen in zivil teils von Polizisten in Uniform zu Boden gezwungen werden. Nach Angaben von Radio Free Asia wurden mehr als 1.000 Tibeter festgenommen. Demnach haben sie gegen einen geplanten Staudamm der chinesischen Regierung protestiert und gefordert, das Projekt zu stoppen. Zwei Dörfer und sechs Klöster müssten den Angaben zufolge für den Bau umgesiedelt werden.
Proteste wie diese sind in China selten. Denn in der Volksrepublik gibt es keine Versammlungsfreiheit. Insbesondere im Landesteil Tibet, der von der Außenwelt weitestgehend abgeschottet ist, wird die Bevölkerung stark überwacht und kontrolliert. Ausländische Journalisten dürfen nicht nach Tibet einreisen, die angrenzenden tibetischen Gebiete in Sichuan sind ebenfalls weitgehend abgeriegelt.
Nur wenige Informationen dringen nach außen
Auch für Menschenrechtsorganisationen ist es schwierig, sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen, erzählt Kai Müller von der Organisation International Campaign for Tibet: "Es ist äußerst schwer, aus Tibet direkte Informationen zu bekommen, da die chinesische Regierung die Kommunikation lückenlos überwacht, insbesondere ins Ausland oder im Internet." Es sei schon außergewöhnlich, dass die vielen Videos und Bilder von den Protesten in Dege und dem Vorgehen der Polizei überhaupt bekannt geworden seien, so Müller. Diejenigen, die diese veröffentlicht haben, hätten sich ganz bewusst in große Gefahr begeben. "Es dürfte klar sein, dass die chinesischen Behörden jetzt auch alles daran setzen werden, um zu verhindern, dass noch mehr Informationen nach außen dringen."
In chinesischen Medien sind ausschließlich Informationen über den Staudamm selbst zu finden, nicht aber über Proteste und Festnahmen. Nach Angaben der chinesischen Lokalregierung in Dege hat ein städtisches Parteimitglied vor knapp einer Woche ein Dorf im Rahmen des geplanten Staudamms besucht. Das war ein Tag, bevor der Sender Radio Free Asia über Festnahmen von Tibetern berichtete.
Für die jetzt verhafteten Tibeter bedeute das nichts Gutes, sagt der Menschenrechtler Müller: "Wir müssen davon ausgehen, dass sie in großer Gefahr sind, gefoltert zu werden und dass viele von ihnen lange Haftstrafen antreten müssen oder manche gar verschwunden bleiben." Das sei leider die Realität in Tibet.