Chinesisches Militär Ambitionen - im Meer, in Afrika, im All
Der Umgang mit China steht beim NATO-Gipfel mindestens so hoch auf der Agenda wie der mit Russland. Generalsekretär Stoltenberg warnt vor der Aufrüstung des Landes. Wie stark ist China militärisch?
Chinas Staats- und Parteiführung hat ein klares Ziel: Bis 2049 soll die Volksrepublik ein "Militär der Weltklasse" haben. Was genau darunter zu verstehen ist, sagt China nicht, aber seit Jahren steckt die Führung sehr viel Geld in die Modernisierung der Volksbefreiungsarmee. Chinas Rüstungsausgaben sind nach den USA die zweithöchsten der Welt. Aber im Vergleich geben die USA immer noch etwa dreimal so viel für ihr Militär aus wie China.
War Chinas Armee vor zwei Jahrzehnten noch ziemlich rückständig, so hat die Volksrepublik nach Angaben des Pentagon mittlerweile in einigen Bereichen mit den USA gleichgezogen oder sie sogar überholt. Zunehmend wird demnach auch in China die zivile Industrie- und Technologie-Entwicklung mit der Rüstungsindustrie verwoben.
Zahlenmäßig größte Marine der Welt
Im jüngsten Jahresbericht des US-Verteidigungsministeriums zu China heißt es, mit rund 350 Kriegsschiffen und U-Booten habe die Volksrepublik jetzt zahlenmäßig die größte Marine der Welt. Mit etwa 2000 Kampfflugzeugen steht China weltweit auf Platz drei der größten Luftstreitkräfte. Auch bei landgestützten konventionellen Raketen mit einer Reichweite bis 5500 Kilometer hat China aufgeholt - zumal Peking anders als Moskau und Washington in keinen der großen Abrüstungsverträge eingebunden ist.
Seine Atomwaffen hat China in den letzten Jahren modernisiert und die Zahl der Atomsprengköpfe aufgestockt. Nach neuen Schätzungen des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI hat die Volksrepublik rund 350 Atomsprengköpfe - damit aber immer noch deutlich weniger als die großen Atommächte USA und Russland.
Expansion im Südchinesischen Meer
Mit Sorge beobachten Chinas Nachbarn das zunehmend aggressive Auftreten der Volksrepublik im asiatisch-pazifischen Raum. Im Südchinesischen Meer ignoriert China seit Jahren das Urteil eines internationalen Schiedsgerichts, erhebt weiter Anspruch auf fast das gesamte Meeresgebiet und hat unbewohnte Atolle und Inseln aufgeschüttet und zu Militärbasen ausgebaut.
China und das Südchinesische Meer
Auch gegenüber Taiwan schlägt Peking einen zunehmend aggressiven Ton an - und droht immer wieder die demokratisch regierte Inselrepublik notfalls mit Gewalt in die Volksrepublik einzugliedern. China provoziert unter anderem mit Militärübungen in Taiwans Umfeld; chinesische Kampfflugzeuge dringen zudem immer wieder in Taiwans Luftraumüberwachungszone vor.
Stützpunkt am Horn von Afrika
Auch außerhalb Asiens baut China seine Fähigkeiten zur militärischen Macht-Projektion stetig aus - etwa um Handelsrouten abzusichern. Bislang hat China aber nur einen ausländischen Militärstützpunkt: in Djibouti am Horn von Afrika. Von Peking finanzierte und kontrollierte Häfen entlang der maritimen Seidenstraße, etwa in Sri Lanka, könnten allerdings nach Einschätzung von Experten nicht nur für die Handelsschifffahrt, sondern auch militärisch genutzt werden.
Selbst im Weltall macht sich Chinas neue Stärke bemerkbar. Das ambitionierte Raumfahrtprogramm der Volksrepublik ist dem Militär unterstellt. Das Weltall sei, heißt es bei der Volksbefreiungsarmee, "eine kritische Domäne im internationalen strategischen Wettbewerb".