ASEAN-Gipfel in Laos Zur Krisendiplomatie gezwungen
Das süostasiatische ASEAN-Bündnis ist vor allem auf die Abstimmung in wirtschaftlichen Fragen ausgerichtet. Doch auf dem heute beginnenden Gipfel in Laos geht es auch um den Bürgerkrieg in Myanmar.
Die Staats- und Regierungschefs der südostasiatischen Länder fahren am gut gesicherten Sitzungsort vor, in Laos' Hauptstadt Vientiane. Doch die Bilder vermitteln einen trügerischen Eindruck von der Rolle des Gastgebers im dem Staaten-Verband. Laos sei ein schwacher ASEAN-Vorsitz, urteilen Politikwissenschaftler wie Collin Koh von der Rajaratnam School of International Studies in Singapur.
"Laos versucht, seinen Vorsitz einfach zu überleben. Vermutlich ist das Land mehr als glücklich, die heiße Kartoffel bald an Malaysia abzugeben. Dann kann Laos sich für die nächsten zehn Jahre wieder zurücklehnen und ein bisschen entspannen."
Die ASEAN-Staaten beschäftigen gerade viele politisch sensible Themen, an denen sich Laos nicht die Finger verbrennen will: steigende Spannungen zwischen den Philippinen und China im Südchinesischen Meer, eskalierende Probleme in Myanmar und die wachsende Rivalität im Indopazifik zwischen den Vereinigten Staaten und China.
"Ich erwarte nicht, dass der ASEAN-Gipfel China für sein Verhalten im Südchinesischen Meer verurteilen wird. Das wird nicht passieren. Auf ASEAN-Gipfeln wird China nie offen verurteilt", stellt Koh fest.
Enge Anbindung an Peking
Laos ist eines der ärmsten ASEAN-Länder und bei China hoch verschuldet. Auch deshalb ist Kritik unter dem Laos-Vorsitz eher nicht zu erwarten. China hat massiv in Straßen, Staudämme und Zugstrecken in Laos investiert.
Eine stärkere wirtschaftliche Zusammenarbeit der ASEAN-Länder sei für Laos das wichtigste Thema, zum Beispiel bei der Digitalisierung, der Künstlichen Intelligenz und bei gemeinsamen Bezahlsystemen.
Der ASEAN-Raum ist eine der am schnellsten wachsenden Wirtschaftsregionen der Welt. Deutsche und europäische Unternehmen investieren daher zunehmend in ASEAN-Staaten, um von der wirtschaftlichen Dynamik zu profitieren, besonders in Vietnam, Indonesien und Thailand.
Der ASEAN-Verbund ist der drittgrößte Handelspartner der EU außerhalb Europas - nach China und den USA.
Myanmars Krise auf der Tagesordnung
Die wirtschaftliche Entwicklung sei den meisten südostasiatischen Ländern wichtiger als sicherheitspolitische Fragen, sagt Koh. Ein Konflikt wird in den nächsten Tagen dennoch weit oben auf der Agenda stehen: der anhaltende Bürgerkrieg in Myanmar.
Seit sich das Militär im Februar 2021 an die Macht geputscht hat, versinkt Myanmar in Chaos und Gewalt. Vermittlungsversuche der ASEAN-Staaten blieben bislang ohne Erfolg. Malaysias Außenminister sagte dennoch, dass ASEAN an ihrem drei Jahre alten Fünf-Punkte-Friedensplan festhalten wolle.
Ein umstrittener Gast
Vor allem Thailand, das als Nachbarland mitbetroffen ist, drängt die ASEAN-Staaten zu einem neuen Vorstoß. Thailands Regierungschefin Paetongtarn Shinawatra betonte die wichtige Rolle, die der Verband bei der Lösung des anhaltenden Bürgerkriegs in Myanmar spielt. Sie kündigte weitere diplomatische Bemühungen für Dezember an, zusammen mit dem neuen ASEAN-Vorsitz Malaysia.
Die Militärregierung Myanmars entsendet erstmals seit drei Jahren einen hochrangigen Beamten aus dem Außenministerium zum ASEAN-Gipfel. Die Militärführung darf seit dem Putsch nicht teilnehmen und nur einen nicht-politischen Vertreter schicken, da das Militär den von ASEAN ausgearbeiteten Fünf-Punkte-Friedensplan nicht befolgt.
Das Ziel des Plans ist ein Waffenstillstand, ein Dialog zwischen den Konfliktparteien und humanitäre Hilfe für die Bevölkerung. Die diesjährige Teilnahme eines Vertreters der Militärregierung wird von Menschenrechtsgruppen und Nichtregierungsorganisationen kritisiert. Sie sagen, dieser Schritt legitimiere das Militär-Regime.
Die Staats- und Regierungschefs sitzen noch bis Freitag in Laos Hauptstadt zusammen. Das Ziel sind gemeinsame Absichtserklärungen, denen allerdings nicht unbedingt Taten folgen müssten, so Koh. Als Gäste werden zum Ende der Woche die Außenminister der USA und Russlands, Antony Blinken und Sergej Lawrow, erwartet. Sowie Chinas Premier Li Qiang.