Edan Alexender mit Familienmitgliedern nach seiner Freilassung.

Nach 19 Monaten freigelassen Emotionale Rückkehr von Hamas-Geisel

Stand: 13.05.2025 10:19 Uhr

Bei der Rückkehr der freigelassenen Hamas-Geisel Alexander spielen sich emotionale Szenen ab. Der 21-jährige US-Israeli berichtet von Folter während der Geiselnahme. Er brauche nun Ruhe, teilte seine Familie mit.

Der 21-jährige US-Israeli Edan Alexander ist bei seiner Rückkehr nach Israel emotional von seiner Familie in Empfang genommen worden. Er war am Montag nach fast 600 Tagen aus der Gefangenschaft der Terrororganisation Hamas im Gazastreifen freigelassen worden. Kurz nach seiner Freilassung nahm Israel die Angriffe auf den Gazastreifen wieder auf.

Alexander wurde - ohne eine öffentliche Zurschaustellung durch die Hamas - an Vertreter des Roten Kreuzes übergeben und nach Israel gebracht. In von Israels Armee und der Regierung veröffentlichen Aufnahmen ist zu sehen, wie seine Mutter vor Freude schreit und weint, als sie ihren Sohn mit dessen Vater und Geschwistern in Empfang nimmt.

Die Freilassung sei "das größte Geschenk, das man sich vorstellen kann", teilte die Familie mit. Zugleich appellierte sie an die israelische Regierung: "Bitte, hören Sie nicht auf. Wir hoffen, dass die Freilassung unseres Sohnes nur der Anfang ist und auch die verbliebenen 58 Geiseln freikommen." Dieser Albtraum müsse beendet werden.

Gefoltert, in Käfig eingesperrt und gefesselt

Alexander ist der erste männliche Soldat, der von der Hamas freigelassen wird. Der israelische Sender Kan zitierte erste Aussagen des 21-Jährigen, in denen er von Folter berichtete. Er sei in einen Käfig gesperrt worden und habe lange Handschellen tragen müssen.

Der Soldat der israelischen Armee wurde dem Bericht zufolge mit anderen Geiseln in einem Tunnel festgehalten und bekam nur wenig Essen. Die Hamas veröffentlichte im November 2024 ein Video des Soldaten, das ihn zeigt, wie er weint.

Auf ersten Bildern nach seiner Freilassung sah er blass aus. Laut dem Sender Kan sagte er in einem ersten Gespräch mit seiner Mutter, er müsse zum Sonnenbaden an den Strand. "Ich liebe dich so sehr", sagte seine Mutter in ihrem ersten Telefonat, das die beiden noch vor dem Wiedersehen führten.

Dank in die USA - Erfolg für Trump

Die Freilassung ist auch ein Verhandlungserfolg für US-Präsident Donald Trump. Alexanders Eltern waren kurz nach seiner Geburt in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Ihr ältester Sohn ging später alleine nach Israel, um dort in der Armee zu dienen. Am 7. Oktober 2023 wurde er dann von einem Wachposten in der Nähe des Gazastreifens in das Küstengebiet verschleppt.

Vereinbart wurde die Freilassung zwischen der Hamas und den USA, ohne israelische Beteiligung. Aus Hamas-Kreisen hieß es, es handle sich um ein Zeichen des guten Willens der Islamisten. Palästinensische Gefangene sollen dieses Mal nicht freigelassen werden.

Nach seiner Freilassung hielt Alexander auf einem Helikopterflug ins Krankenhaus eine Tafel mit der Aufschrift "Danke, Präsident Trump!!!" in eine Kamera. Zu einem Treffen mit Trump in Katar wird der 21-Jährige nicht reisen. Mehrere israelische Medien hatten vor seiner Freilassung unter Berufung auf seine Angehörigen berichtet, er könnte für ein Treffen mit dem Präsidenten nach Katar reisen, sofern sein Gesundheitszustand dies erlaube.

"Die Familie Alexander bestätigt, dass Edan vorerst nicht nach Katar fliegen wird", hieß es nun in einer Mitteilung des Forums der Geisel-Familien. Die Familie stehe in ständigem Kontakt mit der US-Regierung. Der israelische Sender Channel 12 zitierte die Familie mit den Worten, Alexander brauche Ruhe. Er werde jedoch im Laufe des Tages mit Trump telefonieren und den Präsidenten zu einem späteren Zeitpunkt auch treffen.

Kritik an Netanjahu: "Unsere Leben sind weniger wert"

Israelischen Angaben zufolge werden nach der Freilassung des jungen Mannes noch mindestens 20 lebende Geiseln im Gazastreifen festgehalten, bei drei weiteren Verschleppten sei der Status unklar. Zudem sind die sterblichen Überreste von 35 Entführten noch nicht ausgehändigt worden. Dieser Umstand löste erneut heftige Kritik an Israels Premierminister Benjamin Netanjahu aus.

"Es ist schwer, die harte Botschaft zu ignorieren, die den Bürgern des Staates Israel und der ganzen Welt heute übermittelt wurde: Unsere Leben sind weniger wert", hieß es in einer Botschaft des Kibbuz Nir Oz. "Einer Geisel mit amerikanischem Pass wird Priorität eingeräumt, während die 58 anderen Geiseln zurückgelassen werden - darunter 14 Mitglieder der Gemeinschaft von Nir Oz, und die Sorge um ihr Los ist größer denn je." Nir Oz war einer der Schauplätze des beispiellosen Massakers vor gut anderthalb Jahren.

Kurze Pause - dann neue Angriffe auf Gaza

Um die Freilassung Alexanders zu ermöglichen, hatte die israelische Armee ihre seit Wochen andauernden Angriffe auf den Gazastreifen kurzzeitig unterbrochen. Netanjahu lehnt ein Ende des Kriegs weiterhin ab und will die Hamas vollständig militärisch zerschlagen. International wächst die Kritik, da sich die humanitäre Lage im Küstenstreifen dramatisch verschlechtert. Denn Israel blockiert weiter Hilfslieferungen.

Das Büro des israelischen Regierungschefs kündigte aber an, Unterhändler zu indirekten Verhandlungen mit der Hamas nach Katar zu schicken. Die von den USA, Ägypten und Katar vermittelten indirekten Gesprächen zwischen Israel und der Hamas gerieten vor einigen Monaten ins Stocken. 

Experten warnen vor weiterer Hungersnot

Für die Menschen im Gazastreifen ist ein Abkommen dringlicher denn je. Seit Anfang März leben etwa zwei Millionen Menschen im Gazastreifen ohne jede Hilfe. Es mangelt an sauberem Wasser, medizinischen Gütern und Nahrungsmitteln.

Fast eine halbe Million Palästinenser befinde sich in einer katastrophalen Hungersituation, wie die Initiative Integrated Food Security Phase Classification (IPC) mitteilte. Falls Israel die Blockade von Hilfslieferungen für das Küstengebiet nicht aufhebe, drohe ihnen der Hungertod. Eine weitere Million Palästinenser befinde sich in einer Notlage. Nach palästinensischen Angaben sind im Gazakrieg bislang mehr als 52.800 Menschen getötet worden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 12. Mai 2025 um 18:00 Uhr.