Kommerzielle Raumfahrt Erhöhtes Konfliktpotenzial im All
Es wird enger im Weltraum: Immer mehr Nationen starten mit kommerziellen Projekten ins All. Das erhöht die Gefahr von Zusammenstößen und das Potenzial für Konflikte. Die bisherigen Regeln reichen nicht mehr aus.
"Wir haben alle Nationen aufgerufen, verantwortliche Partner im All zu sein und alles zu vermeiden, was Astronauten und Kosmonauten gefährden könnte." Mehr wollte der Sprecher des amerikanischen Außenministeriums, Ned Price, nicht sagen. Im Raum steht der Vorwurf Chinas, zwei Satelliten der privaten Firma SpaceX hätten ihre Raumstation gefährdet.
Ganz so einfach sei es nicht, sagt Henry Hertzfeld, Professor für Weltraumrecht an der George Washington University in Washington. Denn wäre es zum Zusammenstoß gekommen, sei die amerikanische Regierung in der Schuld. "Am Ende sind die Nationen nach Artikel 6 verantwortlich und haftbar."
Gültig ist nämlich nach wie vor in diesem Fall eine internationale Vereinbarung aus dem Jahr 1972. Und auch, wenn heute der erdnahe Raum mit rund 5000 aktiven Satelliten und fast 20.000 Schrottteilen überfüllt ist, gilt im Wesentlichen das internationale Weltraumabkommen von 1967, als von kommerzieller Raumfahrt noch keine Rede war.
Konflikt um Rohstoffe steht ins Haus
Noch funktioniert es, vielleicht auch, weil nicht viel geregelt ist und viele der Akteure das auch so wollen und Konflikte leise lösen. Aber das wird nicht so bleiben, sagt Thomas Zurbuchen, Wissenschaftsdirektor der NASA. "Es gibt wirklich nicht viele Gebiete, in denen wir uns im Wege stehen. Aber je mehr wir kommerzialisieren, je mehr wir Investitionen im Raum machen, kommen wir einander näher. Darum ist es unglaublich wichtig, dass gute Verhaltensregeln akzeptiert werden, aber auch Gesetze."
Die chinesische Beschwerde scheint auch eine Replik auf amerikanische Beschwerden über China zu sein, das eine Trägerrakete unkontrolliert hatte abstürzen lassen. Und auch die öffentliche Aufregung über Russland, das bei einem Waffentest gefährlichen Schrott produziert hatte, gehört mit zur Politik.
Der nächste Konflikt steht aber schon ins Haus, wenn es um Rohstoffe und andere Ressourcen geht. Schon vier Nationen haben angekündigt, in den nächsten Jahren Mondstationen zu bauen. Dabei geht es um seltene Erden, Wasserressourcen oder strategische Positionen für Reisen ins tiefe All. "Diejenigen, die zuerst dort sind, haben viele Vorteile", sagt Mehak Sarang, Expertin für Weltraumökonomie am MIT in Boston. "Sie schaffen ihre eigenen Sicherheitsbereiche, sie markieren die Plätze, die sie wollen, sie kommen zuerst an die Ressourcen."
Gesetze bisher nur auf nationaler Ebene
In diesem Rennen, an dem in Richtung Mond die USA, China, Russland und Japan beteiligt sind, würden internationale Regeln Grenzen setzen. Das aber, so die Befürchtung, behindert die kommerzielle Nutzung dieser Ressourcen. Deshalb, so Henry Hertzfeld, kommen die Vereinten Nationen damit auch nicht voran. "Der UN-Ausschuss für die friedliche Nutzung des Weltraums hat das Thema Ressourcen auf der Agenda, aber sie haben noch nicht einmal eine formale Arbeitsgruppe gebildet. Man tauscht nur Informationen aus."
Einige Länder wie Luxemburg, Japan oder die USA haben eigene Gesetze dazu geschaffen. Die USA zum Beispiel erlauben es Unternehmen, diese Ressourcen auszubeuten, aber die USA erheben als Land keinen Besitzanspruch auf Himmelskörper. "Das Gesetz gilt aber nur für amerikanische Individuen und Unternehmen", sagt Hertzfeld. Andere können anders vorgehen. Und ungeklärt ist, ob man zum Beispiel auf dem Mond Claims abstecken darf und wie man diese gegen andere schützen würde.