In Zeiten der Krise Verordnete Weihnachten in Venezuela
In Venezuela hat der autoritär regierende Präsident Maduro Weihnachten vorverlegt - als "Dank an das kämpferische Volk". Aber bei längst nicht allen kommt in den Krisenzeiten Festtagsstimmung auf.
Auf der Plaza Bolívar im Zentrum von Caracas steht ein großer künstlicher Weihnachtsbaum mit bunten Kugeln. Am Eingang eines Regierungsgebäudes wurde eine Krippe aufgebaut, es baumeln Sterne von der Decke. In der venezolanischen Hauptstadt weihnachtet es sehr - und das Anfang Oktober. Lebensmittelpakete werden vor allem in den Armenvierteln verteilt, Boni werden schon früher ausgezahlt.
Alída García verkauft auf einem Markt. Sie setzt auf das verfrühte Weihnachtsgeschäft, erklärt sie im Interview mit CNN: "Wir danken Präsident Nicolás Maduro von ganzem Herzen, weil er unser Leben immer wieder aufhellt und uns Weihnachten jetzt schon beschert.
Sie sei wirklich dankbar, dass man in Frieden zu dieser Zeit des Weihnachtsfestes kommen konnten, sagt sie. "Dafür danke ich Gott, dem Präsidenten, den Menschen, die bei uns kaufen, die Hallacas, die traditionellen weihnachtlichen Teigtaschen und köstlichen Nachtische."
Auch Anhänger Maduros wenden sich ab
María, wie sie sich für das Interview nennt, kann dem vorgezogenen Weihnachtsfest dagegen nichts abgewinnen. Sie ist wütend. Sie lebt in dem Armenviertel Petare, wo traditionell die Bewohner Nicolás Maduro unterstützt haben. Das habe sich verändert: "Sogar die Leute, die sagen, sie seien Maduristas, Chavistas, werden unterdrückt. Jeden Tag höre ich, dass sie dieses Regime gerne verlassen würden, es aber nicht können, und dass sie gezwungen sind, zu Märschen der Regierung zu gehen."
Für sie ist die verordnete Weihnachtszeit eine Provokation, Ablenkungsmanöver, nachdem Maduro nach den Präsidentschaftswahlen von der Opposition, internationalen Beobachtern und vielen Venezolanern Wahlbetrug vorgeworfen wird.
Tausende Verhaftungen, viele Tote
Bei den Protesten danach sind mehr als 2.000 Menschen willkürlich verhaftet worden und mindestens 24 ums Leben gekommen. Die Sicherheitskräfte der Regierung gehen immer repressiver gegen Demonstranten und Kritiker vor. María musste zeitweise ihr Haus verlassen, weil sie Angst hatte verhaftet zu werden.
Auch der Politologe und ehemaliger Abgeordneter der Nationalversammlung Luís Farías hält es für ein absurdes politisches Manöver.: "Sie glauben, das venezolanische Volk vergessen lassen können, was am 28. Juli, am Tag der Präsidentschaftswahlen geschehen ist, den Betrug - die Missachtung des Willens zur Veränderung, der klar und deutlich zum Ausdruck gebracht wurde."
Dessen sei sich nicht nur Opposition bewusst, sondern auch Regierungsanhänger und sogar die Streitkräfte", so Farías . "Die ganze Welt hat es gesehen, etwa 800 bis 900 internationale Beobachter, es gibt UN-Berichte, den Bericht der Carter-Kommission, die verschiedenen Stellungnahmen von Regierungen und sogar von verbündeten Regierungen wie Brasilien und Kolumbien, die von der Regierung die Vorlage des Protokolls der Wahlergebnisse fordern, wie es im Gesetz festgelegt ist."
Opposition hofft auf weitere Proteste
Nach wie vor ist der Wahlrat nicht bereit, die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen zu publizieren. Der Oppositionskandidat Edmundo Gónzalez ist bereits nach Spanien ins Exil geflüchtet. Wegen angeblicher Verschwörung und Sabotage war gegen ihn Haftbefehl erlassen worden.
David, der seinen eigentlichen Namen ebenfalls nicht nennen will, wurde sein Pass abgenommen, damit er das Land nicht verlassen kann. Er hofft, dass es in naher Zukunft eine weitere große Protestwelle im ganzen Land gibt.
Am Wochenende waren nur wenige dem Aufruf der Oppositionsführerin Maria Corina Machado gefolgt - die Angst vor Repression ist groß: "Wir können die Regierung nur schlagen, wenn der richtige Moment kommt. Den gilt es abzuwarten, ansonsten müssen wir weiter auf uns achtgeben. Währenddessen müssen wir arbeiten, von irgendetwas müssen wir leben, sollten unser Haus in Ordnung halten."
Auf diesen Moment wollen jedoch nicht alle mehr warten. Viele planen schon jetzt; das Land zu verlassen - sie haben die Hoffnung verloren.