US-Wahl 2024 Sind die USA reif für eine schwarze Präsidentin?
Viele Frauen in den USA sprechen von der "wichtigsten Wahl ihres Lebens" - sie hoffen, dass mit Kamala Harris erstmals eine Frau ins Weiße Haus einzieht. Doch wie beharrlich sind Sexismus und Rassismus?
Wenn es nach Donald Trump geht, wird Kamala Harris nicht die erste Präsidentin der USA. Und auf seinen Wahlkampfauftritten kündigt er, scheinbar ganz nebenbei, diesen Wahlausgang schon jetzt als Fakt an.
Mit seiner Art, das auszudrücken, verrät Trump viel darüber, wieso Harris als schwarze Frau vor anderen Herausforderungen im Wahlkampf steht als er, ein weißer Mann. Bestes Beispiel: Trumps absichtlich falsche Betonung ihres Vornamens oder die Angriffe auf ihr Lachen.
Er nenne sie "die lachende Kamala", sagt er auf seinen Auftritten, um rhetorisch zu fragen, ob jemand Harris schon mal lachen gehört habe? Sie sei "crazy".
Dass Trump Harris wegen ihres Lachens als "verrückt" bezeichnet, sei nicht nur sexistisch, sondern auch rassistisch, sagt Nadia Brown von der Georgetown University in Washington.
Dahinter steckt zum einen das Klischee, dass Frauen dümmlich sind und nichts von Politik verstehen. Außerdem gilt es als sehr weiblich zu lachen. Auf der anderen Seite werden Menschen nicht-weißer Abstammung als einfältig angesehen, als unfähig, komplexe politische Gedanken nachzuvollziehen. Also reagieren sie zum Beispiel mit einem Lachen.
Expertin: US-Politik aufgebaut auf Rassismus und Sexismus
Zu laut, zu fröhlich, zu dumm oder zu sehr auf Karriere aus - die Liste der vermeintlichen Angriffspunkte, wenn es um Frauen in der Politik geht, ist lang. Das haben die letzten Wochen im Wahlkampf einmal mehr bewiesen. Für Brown ist das keine Überraschung:
Die USA seien ein Land, das seine Politik "auf Rassismus und Sexismus" aufgebaut habe: "Was wir jetzt sehen, ist das, was übrigbleibt, wenn Menschen abgewertet und von der politischen Teilnahme ausgeschlossen werden."
Erst 1920 wurde das Frauenwahlrecht in den USA beschlossen. Doch die meisten schwarzen Frauen mussten noch Jahrzehnte warten, bis sie dieses Recht tatsächlich wahrnehmen konnten.
2024 könnte nun das Jahr werden, in dem mit Kamala Harris eine schwarze Frau zur Präsidentin gewählt wird. Die Bereitschaft dafür sei da, so Brown. Die Unterstützung für Harris gehe über die "typischen Gruppen" hinaus.
Harris habe in kurzer Zeit mehr als eine Milliarde Dollar an Spenden gesammelt. Es gebe "lebenslange Republikaner", die Harris unterstützten. All das spreche dafür, "dass die USA bereit sind".
Schon 2016 hat mit Hillary Clinton eine Präsidentschaftskandidatin landesweit die meisten Stimmen bekommen. Dass sie trotzdem nicht Präsidentin wurde, lag am Wahlsystem der USA.
"Rekordzahl von Gouverneurinnen"
Daran habe sich in den letzten acht Jahren zwar nichts geändert, doch die politische Landschaft der USA sei heute definitiv eine andere, sagt Betsy Fischer Martin, Professorin an der American University in Washington:
"Wir haben gesehen, dass Frauen in den USA inzwischen mehr Führungsaufgaben übernehmen. In der Politik hatten wir zum Beispiel eine Rekordzahl von Gouverneurinnen. Je mehr Frauen ein höheres Führungsamt bekleiden, desto normaler wird das."
Fischer Martin hat zuletzt an einer Studie unter registrierten Wählerinnen in den USA mitgearbeitet. Das Ergebnis: Fast die Hälfte der Frauen sagt, dass dies die wichtigste Wahl ihres Lebens sei. Die meisten von ihnen werden Harris unterstützen.
Doch die Studie hat auch gezeigt: "Vier von zehn Frauen haben gesagt, sie kennen Leute, die keine Frau wählen würden. Ich glaube also, dass es immer noch Teile der Gesellschaft gibt - vor allem unter den Männern -, die keine Frau zur Präsidentin wählen würden."
Harris war schon oft "die Erste"
Doch Harris ist während ihrer beruflichen Laufbahn schon häufiger "die Erste" gewesen - unter anderem die erste Vizepräsidentin der USA.
Dass sie eine schwarze Frau ist, hat sie allerdings nie in den Mittelpunkt gestellt.
Auch nicht im aktuellen Wahlkampf, wie sie hier in einem Interview bei CNN betont: "Ich kandidiere, weil ich glaube, dass ich die beste Person bin, um dieses Amt zum jetzigen Zeitpunkt für alle Amerikanerinnen und Amerikaner zu übernehmen", sagt Harris, "unabhängig von 'race' und 'gender'", also davon, ob sie eine Frau mit Rassismuserfahrung sei oder nicht.
In einer früheren Version hieß es, Hillary Clinton sei 2020 für die Demokraten angetreten - korrekt ist 2016. Wir haben dies geändert.
Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen