US-Präsidentenwahl Macht Biden weiter oder nicht?
Nach dem schwachen TV-Auftritt von US-Präsident Biden werden die Rufe nach einem neuen Kandidaten lauter. Nun soll es Hinweise geben, dass er einen Rückzug nicht ausschließt. Entscheidend könnten seine nächsten Umfragewerte sein.
Nach seiner desaströsen Performance bei der TV-Debatte letzte Woche hat Präsident Biden nun offenbar erstmals mit einem Vertrauten über einen möglichen Rücktritt gesprochen. Nach Informationen der New York Times sagte Biden, er werde seine Kandidatur möglicherweise nicht retten können, wenn er die Öffentlichkeit in den kommenden Tagen nicht davon überzeugen kann, dass er dem Amt gewachsen ist.
Der Biden-Vertraute, der nicht namentlich genannt werden wollte, sagte wörtlich: "Er weiß, wenn er noch zwei weitere solcher Auftritte abliefert, stehen wir am Ende des Wochenendes anders da." Das Gespräch mit dem Vertrauten ist der erste Hinweis darauf, dass der Präsident ernsthaft darüber nachdenkt, ob er sich von seinem katastrophalen Auftritt bei dem TV-Duell mit Herausforderer Donald Trump erholen kann.
Weißes Haus widerspricht
Das Weiße Haus reagierte prompt und wies den Bericht der New York Times als "absolut falsch" zurück - und wenig später wurde auch Biden selbst mit den Worten zitiert, er sei der "Anführer der Demokratischen Partei. Niemand drängt mich hinaus". Regierungssprecher bemühen sich seit Tagen um Schadensbegrenzung und versuchen, Zweifel an Bidens Eignung für das Präsidentenamt zu zerstreuen - zum Beispiel durch mehr Pressearbeit. Für Freitag kündigte Biden ein Interview mit George Stephanopoulos vom Fernsehsender ABC News an.
Druck auf Biden wächst
In der Zwischenzeit werden seine Chancen als Kandidat zunehmend offen in Zweifel gezogen. Erstmals forderte ein Demokrat öffentlich Bidens Rückzug. Der Kongressabgeordnete Lloyd Doggett aus Texas sagte gestern, man laufe ernsthaft Gefahr, dass die Regierung von einem Kriminellen und seiner Bande übernommen wird. Er ziehe seinen Hut vor Präsident Biden, aber er habe das Gefühl, dass es Zeit für ihn werde, zur Seite zu treten.
Noch hat sich kein prominenter Demokrat öffentlich geäußert, aber der Druck auf Biden wächst spürbar.
Die New York Times zitiert in einem anderen Bericht namentlich nicht genannte Mitarbeiter des Präsidenten, die von zahlreichen Situationen in den vergangenen Wochen und Monaten berichten, in denen Biden schwach, unkonzentriert und manchmal wie eingefroren wirkte.
Selbst Nancy Pelosi, die ehemalige Sprecherin des Repräsentantenhauses und eigentlich enge Verbündete Bidens sagte, es sei eine "berechtigte Frage", ob Bidens Versagen bei der TV-Debatte, "nur eine Episode oder ein Zustand" sei.
Politische Beobachter warten nun auf Umfragen, die Aufschluss darüber geben sollen, wie hoch die Zustimmungswerte für Präsident Biden in der US-Bevölkerung tatsächlich sind. Würden sie - insbesondere in den wichtigen Swing States - extrem negativ ausfallen, könnte die Stimmung bei den Demokraten weiter kippen. Schon jetzt debattieren sie darüber, ob sie den 81-Jährigen gegen einen Kandidaten oder eine andere Kandidatin austauschen sollen. Dies wäre noch möglich, wenn auch sehr kompliziert.
Wer könnte Biden ersetzen?
Anwärter für das Präsidentenamt gibt es genug. Gehandelt werden zum Beispiel die Gouverneure von Kalifornien und Michigan, Gavin Newsom und Gretchen Whitmer. Auch JB Pritzker, Gouverneur von Illinois, wäre eine Option. Alle drei lassen derzeit jedoch keinerlei Ambition auf das Präsidentenamt durchblicken.
Immer wieder fällt auch der Name von Vizepräsidentin Kamala Harris. Einige einflussreiche Demokraten sind der Meinung, dass man die 59-Jährige bei der Suche nach einem neuen Kandidaten keinesfalls übergehen kann. Harris als Ersatz-Kandidatin zu nominieren, hätte viele Vorteile. Sie könnte nicht nur die gesamten Spendengelder übernehmen, die das Biden-Wahkampfteam bereits eingesammelt hat, sondern auch die gesamte Wahlkampf-Infrastruktur. Ihr Name gilt unter Wählern als am bekanntesten, schließlich hat sie schon 2020 gemeinsam mit Biden Wahlkampf gemacht.
Gegen Kamala Harris spricht, dass ihre Zustimmungswerte - bis jetzt - durchgehend noch schlechter waren als die von Biden. Aber das könnte sich ändern, falls Biden tatsächlich von einer Kandidatur zurückträte.
Weitere Wahlkampfauftritte Bidens geplant
Biden selbst hatte zuletzt mehrfach erklärt, dass er nicht aufgeben wolle. Noch am Abend will der Präsident im Weißen Haus mit demokratischen Gouverneuren und im Laufe der Woche mit Kongressabgeordneten sprechen. In den kommenden Tagen hat er Wahlkampfauftritte in Wisconsin und Pennsylvania geplant. Und nächste Woche will er beim NATO-Gipfel in Washington eine Pressekonferenz geben.