Vertreter der UN-Mitgliedsstaaten verfolgen beim Zukunftsgipfel im September 2024 eine Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz.

Trotz Eklat durch Russland UN-Staaten beschließen Zukunftspakt

Stand: 22.09.2024 18:59 Uhr

Er soll ein Leitfaden für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts sein: Die Mitgliedsstaaten haben den Zukunftspakt der UN angenommen. Einstimmig fiel das Votum wegen eines russischen Störmanövers aber nicht aus.

Die Vereinten Nationen (UN) haben einen unter Federführung von Deutschland und Namibia ausgehandelten sogenannten Zukunftspakt angenommen. Es handelt sich sowohl um einen Reformplan, um die Vereinten Nationen fit für die Probleme des 21. Jahrhunderts zu machen, als auch um ein Bekenntnis zur multilateralen Zusammenarbeit.

Eigentlich sollte der Zukunftspakt der Vereinten Nationen nach monatelangen Verhandlungen einstimmig angenommen werden. Doch dann kam es zu Beginn der Zeremonie in der UN-Generalversammlung zu einem Eklat: Der stellvertretende russische Außenminister Sergej Werschinin verlangte eine weitere Änderung des Textes. Andernfalls werde sich Russland von dem Abkommen distanzieren.

Daraufhin brachte der Vertreter des Kongo einen Antrag auf Nichtbefassung ein. Dem stimmte eine deutliche Mehrheit von 143 Staaten zu. An der Seite Russlands stimmten nur sechs Länder, darunter Belarus, Nicaragua, Nordkorea und Syrien.

Im Saal herrschte Erleichterung, dass das Störmanöver Russlands gescheitert war. Somit sei der Zukunftspakt verabschiedet, verkündete der Präsident der UN-Generalversammlung, Philemon Yang.

 

Deutschland und Namibia federführend in Ausarbeitung

UN-Generalsekretär António Guterres bedankte sich in seiner Rede bei Deutschland und Namibia, die federführend in monatelangen Verhandlungen den Text erarbeitet hatten.

Guterres hatte vor drei Jahren den Anstoß zum Zukunftspakt gegeben: Die 193 Mitgliedsstaaten der UN sollten zu Papier bringen, für welche Probleme sie gemeinsame Lösungen anstreben und wie die Vereinten Nationen künftig dafür aufgestellt sein müssen. Guterres lobte das Ergebnis als "wichtigen Schritt, um die internationale Zusammenarbeit zu reformieren" und betonte:

Wir sind hier, um den Multilateralismus vor dem Abgrund zu retten. Ich lud zu diesem Gipfel, weil die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts Lösungen des 21. Jahrhunderts erfordern.

"Der Zukunftspakt kann uns als Kompass dienen"

In seiner auf Englisch gehaltenen Rede sagte Bundeskanzler Olaf Scholz, angesichts der aktuellen Spannungen und Unsicherheiten brauche die Weltgemeinschaft den Pakt für die Zukunft mehr denn je:

Der Zukunftspakt kann uns als Kompass dienen. Als Kompass, dessen Nadel in Richtung einer stärkeren Zusammenarbeit und Partnerschaft weist, statt hin zu mehr Konflikten und Zersplitterung.

Der Pakt mache auch deutlich, dass das "Gerede von Spaltung, Polarisierung und Unsicherheit nicht das Ende der Vereinten Nationen sein wird".

Lediglich den kleinsten gemeinsamen Nenner gefunden?

Der Zukunftspakt enthält rund 50 Aktionspunkte, auf die sich die Weltgemeinschaft verständigt hat. Es geht um die Bekämpfung von Hunger und Armut, um Verbesserungsvorschläge für die Missionen der Vereinten Nationen zur Friedenssicherung, um Reformvorschläge für die Zusammensetzung des Weltsicherheitsrates - des mächtigsten UN-Gremiums. Und auch darum, wie die internationale Finanzarchitektur, also Weltbank und IWF, so verändert werden kann, dass Länder des globalen Südens einfacher an Kredite kommen. Ein Wettrüsten im All wird abgelehnt und eine weltweite Regulierung der Künstlichen Intelligenz gefordert.

Kritiker bemängeln, anstelle der von Guterres beabsichtigten ehrgeizigen Reformagenda hätten sich die Mitgliedsstaaten am Ende nur auf den "kleinsten gemeinsamen Nenner" einigen können. Dem widersprach Scholz im Anschluss an seine Rede: "Damit sind ganz sicher die Probleme der Welt nicht gelöst. Aber dass man sie gemeinsam anpacken will, das ist schon etwas, das bedeutend ist." In den vergangenen Wochen und Monaten hätten sich die Stimmen gemehrt, "die das Ende multilateraler Zusammenarbeit vorhergesagt haben", so Scholz weiter: "Heute ist ein Zeichen dagegen gesetzt worden."

Martin Ganslmeier, tagesschau, 22.09.2024 18:17 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 22. September 2024 um 20:00 Uhr.