Urteil gegen Ex-US-Präsident Trump Schuldig - in allen Anklagepunkten
Zum ersten Mal in der US-amerikanischen Geschichte ist ein Ex-Präsident wegen einer Straftat verurteilt worden. Donald Trump wurde von einer Jury in allen Punkten wegen der Verschleierung von Schweigegeld schuldig gesprochen.
Wie versteinert wirkt Donald Trump, als die Jury das Urteil verliest. Mit gekreuzten Armen und oft geschlossenen Augen. Das Gesicht läuft rot an. Und "New York Times"-Reporter Jonathan Alter kann Trump aus nächster Nähe sehen. "Da war Schmerz in seinem Gesicht', erzählt Alter. "Und als er nach draußen vor die Kameras tritt, hat er sein Pokerface wieder aufgesetzt."
Doch vorher geht der Verurteilte im dunkelblauen Anzug durch den Mittelgang an seinem Sohn Eric vorbei. "Und ohne seinen Sohn anzusehen, berührt er ihn und geht dann weiter den Gang entlang - wie er es schon achtmal am Tag getan hat."
Schuldig in allen Punkten
Doch nichts ist mehr wie vorher an diesem Tag, an dem zwölf Laien aus New York nach nur zweitägigen Beratungen ein so klares Urteil gefällt haben, dass die Wenigsten noch an diesem Abend damit gerechnet haben: schuldig in allen Punkten.
In 34 Fällen hat die Jury des New Yorker Strafgerichts Donald Trump für die Verschleierung von Schweigegeldzahlungen verurteilt. Es ist das erste Mal in der amerikanischen Geschichte, dass ein Ex-Präsident wegen einer Straftat verurteilt wird. Alvin Bragg, der Bezirksstaatsanwalt, der das Verfahren gegen viele Warnungen angeleiert hat, tritt vor die Presse - sichtlich bemüht, sich den Stolz nicht ansehen zu lassen.
"Ich habe meinen Job gemacht, wir haben unseren Job gemacht", so Bragg. "Viele Stimmen gibt es da draußen. Aber die einzige, die zählt, ist die Stimme der Jury - und die hat gesprochen."
Trump: "Ich bin ein unschuldiger Mann"
Die Staatsanwaltschaft warf Trump vor, dass er seine Aussichten auf einen Erfolg bei der Präsidentschaftswahl 2016 durch die Zahlung von 130.000 Dollar Schweigegeld verbessern wollte - an eine Pornodarstellerin, die über ihre angebliche sexuelle Begegnung auspacken wollte. Das Vergehen: Trump hat den Geldfluss anschließend unrechtmäßig verbucht. Dazu hatten die sieben Männer und fünf Frauen der Jury seit Mitte April die Aussagen von mehr als 20 Zeuginnen und Zeugen angehört.
Von einer Schande, von einem Schauprozess eines korrupten Richters sprach Trump vor dem Gerichtssaal. Das wirkliche Urteil werde im November bei der Wahl fallen. Er sei ein unschuldiger Mann.
Strafmaßverkündung am 11. Juli
Seine Anwälte kündigten bereits an, dass sie in Berufung gehen werden. Richter Juan Merchan will das Strafmaß am 11. Juli verkünden. Trump droht nun eine Geld- oder eine mehrjährige Freiheitsstrafe, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte. Bei allen Anklagepunkten handelt es sich um Straftaten der niedrigsten Kategorie im Bundesstaat New York. Jeder für sich kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu vier Jahren belegt werden. Doch könnte der Richter Trump auch in allen Anklagepunkten gleichzeitig ins Gefängnis bringen.
Trump könnte jedoch selbst bei einer rechtskräftigen Verurteilung bei der Präsidentenwahl im November antreten, erklärt die ehemalige stellvertretende Staatsanwältin, Bonnie Sard dem ARD-Studio New York. Sie spricht dennoch von einem bedeutsamen Urteil für das Land.
"Ein Präsidentschaftskandidat der USA, der schon einmal Präsident war, wird verurteilt, weil er den Wahlausgang beeinflusst hat - das ist wirklich ein dunkler Tag", so Sard.
Gespaltene Reaktionen nach Urteil
Vor dem Gericht sieht das auch eine Gruppe US-chinesischer Trump-Fans. Zwischen Fahnen und Plakaten stehen sich seine Anhänger und Gegner gegenüber. Das Urteil spaltet sie.
"Ich bin froh darüber, Gott sei Dank", sagt Helen. "Ich glaube nicht, dass wir jemanden haben sollten, gegen den so viele Gerichtsverfahren laufen. Ich bin froh, dass endlich gegen ihn vor der Wahl ein Urteil gefällt wurde. Es ist also ein gutes Timing."
Rob hingegen sagt: "Ich glaube einfach nicht, dass es gerechtfertigt war. Es war 2016, es ist so lange her. Ich glaube, dass die linken Parteien im Land und in New York hinter ihm her sind. Ich glaube, es war nur eine Show und sie versuchen, ihn aus dem Wahlkampf zu drängen."
Trump kann den Wahlkampf zunächst ohne Einschränkungen weiterfahren wie bisher. Selbst aus dem Gefängnis könnte er das - und dort sogar auch Präsident werden. Direkt nach dem Urteil warb sein Wahlkampfteam um Spenden. Trump ließ in einer E-Mail wissen: Er sei ein "politischer Gefangener."