Wolodymyr Selenskyj und Donald Trump bei einem Treffen in New York (Archivbild: 27.09.2024)

Russisch-amerikanische Beziehungen Ein Deal auf Kosten der Ukraine?

Stand: 21.02.2025 11:37 Uhr

US-Präsident Trump sieht den Ukraine-Krieg als Hindernis für die Beziehungen zu Russland. Für Geschäfte mit Putin scheint er bereit, die Ukraine aufzugeben. Profitieren könnte ausgerechnet China.

Die russische Delegation kam bestens vorbereitet zum Gespräch mit den Vertretern von US-Präsident Donald Trump am 18. Februar ins saudi-arabische Riad. Auffällig war die Anwesenheit von Kirill Dmitrijew, er leitet einen Staatsfonds für Direktinvestitionen in Russland (RDIF).

Und so ging es während des viereinhalbstündigen Gesprächs auch um die Rückkehr von US-Unternehmen nach Russland, die Dmitrijew bereits im zweiten Quartal 2025 erwartet. Auch über gemeinsame Projekte im Bereich Arktis und Energie sei gesprochen worden, zitierte die Zeitung Politico Dmitrijew. Vereinbart wurde bereits, dass die Botschaften beider Länder wieder besetzt werden und ein Treffen Trumps mit Putin stattfinden wird.

Und der Krieg Russlands gegen die Ukraine? Eine von mehreren Verhandlungsgruppen soll sich auch mit diesem Thema befassen, eine spätere Beteiligung der Ukraine und europäischer Staaten nicht ausgeschlossen.

Russland zufrieden

Was zu möglichen Vereinbarungen bisher öffentlich geworden ist, lässt auf ein weitgehendes oder gar komplettes Zugehen Trumps auf Putin schließen, was sich wiederum in den zufriedenen Äußerungen der russischen Seite spiegelt.

US-Medien zufolge geht es um einen dreistufigen Friedensplan, der zunächst einen Waffenstillstand, dann Wahlen in der Ukraine und danach die Unterzeichnung eines endgültigen Abkommens vorsieht.

Die Abhaltung von Wahlen in der Ukraine ist für Russland seit Langem ein zentraler Punkt, offensichtlich mit der Hoffnung, einen prorussischen Kandidaten durchzusetzen. Putin bezeichnet Präsident Wolodymyr Selenskyj als nicht legitim, weil nach Ablauf seiner ersten Amtszeit 2024 keine Wahl abgehalten wurde. Eine Aussetzung ist aber in der ukrainischen Verfassung im Falles des Kriegszustandes vorgesehen, vergleichbar mit Regelungen in anderen Staaten.

Massive Forderungen

Nun wiederholt auch Trump diese russische Propaganda und hält Selenskyj vor, ein "Diktator ohne Wahlen" zu sein. Zugleich drohte er den Ukrainern: "Vielleicht sind sie eines Tages Russen, vielleicht aber auch nicht" - je nachdem, ob sie einen Deal mit den USA eingingen, oder nicht.

Der Deal bestünde darin, dass die Ukraine im Gegenzug für weitere finanzielle und militärische Unterstützung den USA Zugang zu ihren Ressourcen gewähren würde. Selenskyj selbst hatte in seinem 2024 vorgestellten "Siegesplan" dafür den Zugang zu Rohstoffen in Aussicht gestellt. Nach einem Gespräch mit Trump hatte er gesagt, Investitionen in der Ukraine könnten sich angesichts von Bodenschätzen im "Wert von Billionen US-Dollar" auszahlen. Deren strategische Bedeutung für die digitale Industrie und den Militärsektor hatten auch die NATO und die EU schon konstatiert.

Womöglich will Trump aber weit mehr als seltene Erden: Ein Entwurf von Anfang Februar sah dem Londoner Telegraph zufolge einen gemeinsamen Investitionsfonds vor, um sicherzustellen, dass "feindliche Konfliktparteien nicht vom Wiederaufbau" der Ukraine profitieren. Außer Bodenschätzen werden demnach auch Häfen und weitere Infrastruktur genannt. Insgesamt würden die Forderungen auf einen Betrag höher als die Reparationszahlungen Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg hinauslaufen, rechnet die Zeitung vor. Russland müsste hingegen nichts leisten.

Fehlende Gegenleistung

Was offenbar auch fehlte: Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Die Vereinbarung sei noch nicht fertig, deshalb habe er sie noch nicht unterschrieben, sagte Selenskyj bei der Sicherheitskonferenz in München.

Einen NATO-Beitritt der Ukraine in absehbarer Zeit hatte US-Verteidigungsminister Pete Hegseth ausgeschlossen, ebenso US-Truppen zur Absicherung einer Friedenslösung in der Ukraine. Stattdessen schickte das Pentagon an europäische Staaten Fragen dazu, was sie zu leisten bereit sind. Doch nur wenige wie Großbritannien erklärten sich sofort zur Entsendung von Soldaten bereit. Länder wie Polen sehen sich ohne Zusage militärischer Rückendeckung durch die USA in ihrer eigenen Sicherheit gefährdet. Russland wiederum ist strickt gegen NATO- oder EU-Truppen.

Nicht-europäische Truppen in der Ukraine?

Hegseth sprach denn auch allgemeiner von "fähigen europäischen und nicht-europäischen Truppen" zur Absicherung einer Friedenslösung in der Ukraine. Das Magazin Economist schrieb, US-Vertreter hätten beim Ukraine-Treffen in Ramstein kürzlich eine Friedenstruppe unter Einbeziehung nicht-europäischer Länder wie China und Brasilien vorgeschlagen. Diese könnten als Puffer entlang einer Waffenstillstandslinie stationiert werden und verhindern, dass europäische und russische Truppen in direkten Kontakt kämen.

Chinas Antwort von offizieller Stelle fiel weder zustimmend, noch verneinend aus: "Wir kommentieren keine hypothetische Frage. China vertritt in der Frage der Ukraine-Krise immer eine gerechte Position, und wir haben dies bei mehreren Gelegenheiten sehr deutlich gemacht", sagte Außenministeriumssprecher Guo Jiakun.

Der chinesische Militärexperte Zhou Bo hatte zuvor am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz erklärt, China verfüge über "ausreichende Truppen und militärische Stärke", um einen Beitrag zu einer internationalen Absicherung zu leisten. China könne eine Truppenentsendung erwägen, falls sich andere außereuropäische Länder wie Indien beteiligten, zitierte ihn die South China Morning Post.

Ein indisches Medium wiederum zitierte einen Ex-Militär mit einer ähnlichen Formulierung: Die indischen Streitkräfte hätten die Stärke und die Erfahrung, diese Aufgabe zu übernehmen. Brasilien und Indien sind mit Russland und China Mitglied des BRICS-Bündnisses, das sich gegen Europa und die USA positioniert.

Profiteur China?

Es scheint, als wolle Trump die Ukraine Russland überlassen, weil er sich bessere Deals von Putin verspricht, unter anderem durch die Rückkehr von US-Unternehmen nach Russland sowie bei Energie- und Arktis-Projekten.

Fraglich ist dann, ob Trump den Widerstandswillen der Ukrainer einrechnet. Je mehr Druck er auf Selenskyj auszuüben versucht, desto mehr rücken die Ukrainer zusammen. Wladimir Klitschko, Bruder des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko, sagte am Dienstag bei einer Veranstaltung in Hamburg: Nach den schweren Opfern der vergangenen Jahre seien die Menschen nicht bereit, sich einem Diktatfrieden zu den Bedingungen Putins zu beugen.

Eine Möglichkeit wäre, dass Selenskyj einen Deal mit China eingeht. Im Gegenzug für Unterstützung bei der Stabilisierung lässt die Ukraine Investitionen in den Wiederaufbau und die Ausbeutung der Rohstoffe zu. Diese Sorge steht bereits im Raum: "Wenn die USA und Europa der Ukraine keine Sicherheit bieten, könnte China in die Bresche springen und seinen Einfluss auf Russland geltend machen. Sie könnten sogar einen besseren Deal anbieten als Trump." Das schrieb der litauische Ex-Außenminister Gabrielius Landsbergis nach der Münchner Sicherheitskonferenz auf X.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 18. Februar 2025 um 15:00 Uhr.