US-Präsident Trump in der Präsidentenloge des Kennedy Center (Archivbild).

Warnung vor Zensur Trump sagt der Kultur den Kampf an

Stand: 14.04.2025 05:00 Uhr

US-Präsident Trump streicht Diversitätsprogramme in Kultureinrichtungen, nimmt Einfluss auf Programme und setzt Anhänger in Schlüsselpositionen. Kritiker warnen vor Zensur und einer Umkehr der US-Kulturpolitik.

Das Kennedy Center ist ein Kulturzentrum von nationaler Bedeutung - mit mehr als 2.000 Veranstaltungen pro Jahr, die von mehr als zwei Millionen Menschen besucht werden. Viele dieser Menschen sind weiß - genau wie viele Künstler, die hier auftreten. Um das zu ändern, hat sich die Leitung des Hauses vor einigen Jahren die Förderung von Diversität, Gleichstellung und Inklusion auf die Fahne geschrieben und ein "Social Impact"-Team ins Leben gerufen, das für mehr Abwechslung bei Programm und Publikum sorgen sollte - mit Erfolg. 

Der Anteil Schwarzer Besucher aus ärmeren Schichten stieg um zehn Prozent. Donald Trump hält solche Förderprogramme für Geldverschwendung. Der US-Präsident hat jüngst die Kontrolle über das Kennedy Center übernommen und der Kultur den Kampf angesagt. Er wolle das Kennedy Center wieder "groß" machen, so Trump. Genauso wie die Hauptstadt und das ganze Land.  

"Abweichende Stimmen unterdrücken"

Der Republikaner hat sämtliche Demokraten im traditionell paritätisch besetzten Kuratorium des Kulturzentrums durch Parteifreunde ersetzt, dessen Vorsitz gleich selbst übernommen und seinen Vertrauten Richard Grenell zum Präsidenten des Kennedy Centers gemacht.  

Der frühere US-Botschafter in Deutschland soll Personal abbauen, wo immer es möglich ist und hat kurz nach seinem Amtsantritt in einem Interview mit dem "Washington Reporter" klargemacht, wo er anfangen will: "Warum zum Teufel finanziert das Kennedy Center eine Gruppe namens Social Impact, wenn wir null Dollar auf der Bank und null Dollar Erspartes haben?" 

Mittlerweile wurden sieben von zehn Mitarbeitern des Teams entlassen, obwohl das Kennedy Center 2023 nach eigenen Angaben noch einen Überschuss von sechs Millionen Dollar erwirtschaftet hat. "Das ist ein Signal an viele Amerikaner, dass die Meinungsfreiheit und der künstlerische Ausdruck zensiert werden", sagt Jonathan Katz von der Denkfabrik Brookings Institution. "Trump will abweichende Stimmen unterdrücken."

"Freiheit ist lebenswichtig"

Stimmen wie die von Damon Donaldson Bay: Der 45-Jährige stand vor Kurzem auf einer Nebenbühne des Kennedy Centers und hat einem sehr gemischten Publikum von seinem harten Leben als Schwarzer Mann auf den Straßen von Washington D.C. erzählt, das er zu mehr als der Hälfte im Gefängnis verbracht hat - wegen Mordes. "Die Freiheit zu haben, mich auszudrücken, ist lebenswichtig", sagte Damon. "Mit Worten kann man Dinge erschaffen und zerstören."

Möglich gemacht hatte den Auftritt eine Gruppe namens "Free Minds", deren Mitglieder mithilfe von Literatur und Poetry Slams versuchen, den Kreis aus Gewalt und Kriminalität zu durchbrechen. Das Projekt organisiert Schreibworkshops und Kunstausstellungen hinter Gittern - und erhielt dafür im vergangenen Jahr den Zuschlag für ein Förderprogramm des Kennedy Centers. Eigentlich waren vier Veranstaltungen geplant - doch daraus wird nichts mehr. Die letzten drei wurden ersatzlos gestrichen. 

Buhrufe für den Vize-Präsidenten

Bislang hat kein US-Präsident Einfluss auf das Programm des Kennedy Centers genommen. Das könnte sich unter Trump schnell ändern. Was das Publikum vom Vorgehen der neuen US-Regierung hält, haben neulich Vize-Präsident JD Vance und seine Frau Usha zu hören bekommen: 30 Sekunden lang laute Buhrufe beim Besuch eines Klassik-Konzerts im großen Saal des Kulturpalastes am Potomac. 

Auch die Museen sind ins Visier des Präsidenten geraten - insbesondere das für afro-amerikanische Geschichte. Dessen kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit der Vereinigten Staaten hält Trump für spalterisch. Vermeintlich antiamerikanische Ausstellungen sollen deshalb nicht mehr finanziert werden. 

Vorgehen weckt unangenehme Erinnerungen

Für Experten ein Versuch, die Geschichte der USA umzuschreiben. "Wenn diese Anordnung buchstabengetreu umgesetzt würde, wäre es eine Rückkehr zu einer Idee von Kunst und Amerika, die es vor weit über 100 Jahren gab", sagt Nika Elder von der American University. "Das lässt uns nicht nur konservativ und schwach aussehen, sondern auch wie Lügner."

Weniger Selbstkritik, mehr Eigenlob - so lautet offenbar das Kulturverständnis der Trump-Regierung. Kritiker halten deren Vorgehen für autokratisch - und vergleichbar mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte. "Im Rückblick auf die Taktiken der Nazi-Regierung war es für Joseph Goebbels wichtig, Kunst und Kultur zu kontrollieren", sagt Jonathan Katz. "Ich sage nicht, dass sie genau das Gleiche tun, aber es gibt eine Menge Ähnlichkeiten."