Puerto Escondido Die Wellen bringen Surfer, die Surfer bringen Geld
Puerto Escondido an Mexikos Pazifikküste war mal ein kleiner Fischerort. Heute ist es ein Surfermekka. Die Begeisterung für die ganz besonderen Wellen ist für den Ort Segen und Fluch zugleich.
Jafet Ramos ist Profisurfer. Gerade erklärt er einem Schüler, wie er seine Haltung auf dem Surfbrett verbessern kann. Der 26-Jährige kommt aus Puerto Escondido, stand schon als kleiner Junge selbst auf dem Brett. Beim Surfen könne man alles um sich herum ausblenden, sagt er:
Du denkst nicht mehr an deine Probleme, sondern daran, die beste Welle zu erwischen. Es gibt nur dich und die Welle. Du vergisst alle Sorgen um dich herum.
Schnelle und große Wellen
Jafet hatte es in seiner Kindheit und Jugend nicht leicht. Seine Eltern waren drogenabhängig und gewalttätig. Er sei stolz auf sich, dass er es so weit geschafft habe, mit dem Surfen seinen Lebensunterhalt verdient. Jafet nimmt an internationalen Turnieren teil. Er hat diverse Preise gewonnen - auch 2019 in seinem Heimatort, als er beim Tube-Riding - dem Surfen in einer geschlossenen, röhrenförmigen Welle - die meisten Punkte erzielte.
Als Surfprofi ist er in Nord- und Südamerika auf verschiedenen Wettbewerben unterwegs, aber auch sein Heimatort selbst gilt als Surfmekka. Puerto Escondido liegt an der Pazifikküste im Bundesstaat Oaxaca. Vor allem der Playa Zicatela und sein "Beach-Break" - also der Moment, an dem die Wellen auf der Sandbank brechen - sind legendär.
Zur Hochsaison zwischen März und Oktober entstehen hier mitunter sehr schnelle und große Wellen - mehrere Meter hoch können sie dann werden und ihre typische Röhrenform bilden, durch die sich die Surferinnen und Surfer schlängeln. Bei großen Wettbewerben ist der Strand voll von Leuten, die staunend zugucken, wie die Profis die riesigen Brecher erklimmen.
Manchmal plätschern die Wellen nur an den Strand, doch sie können auch zwei Meter hoch und extrem schnell werden.
"Ich schmeiß' mich einfach rein"
Mittlerweile zieht es allerdings nicht mehr nur erfahrene Surferinnen und Surfer nach Puerto Escondido. "Ich liebe Puerto Escondido", sagt Melissa. Die 37-Jährige entspannt sich nach ihrer Surfsession mit einem Bier am Strand und guckt sich den malerischen Sonnenuntergang an. Melissa stammt aus Kanada und der Schweiz, ihr altes Zuhause hat sie allerdings aufgegeben, um sich dem Reisen zu widmen. Und seit kurzem auch dem Wellenreiten.
"Ich nehme keinen Unterricht, ich schmeiß' mich einfach rein und lass mich rumwirbeln", erzählt sie. "Ich versuche irgendwie die Welle zu erwischen." Melissa ist - wie so viele andere hier - "stoked", wie man im Surferjargon sagt: angefixt, süchtig danach geworden, Wellen zu erhaschen und den flüchtigen Moment der Freude zu erleben, wenn man es schafft, den richtigen Zeitpunkt abzupassen, um sich für einige Sekunden mit dem Surfbrett über das Wasser schweben zu lassen.
Wer dann doch Unterreicht im Surfen haben möchte, kann ihn in einer der Surfschulen am Strand buchen - etwa in der von Godofredo Vásquez.
Vom verschlafenen Dorf zum Touristenmagnet
Menschen wie Godofredo Vásquez profitieren davon. Täglich kommen Kundinnen und Kunden in seine Surfschule, um Boards auszuleihen und Stunden zu nehmen. Puerto Escondido war einst ein verstecktes Juwel. Mittlerweile ist der ursprünglich kleine Fischerort ein Touristenmagnet.
Vásquez war einer der ersten, der vor knapp 30 Jahren angefangen hat, Unterricht zu geben. Er erinnert sich an die Anfänge des Surfens in Puerto Escondido:
Vor 40 Jahren war Puerto ein kleines Dörfchen. Überall hier war Dschungel um den Strand. Die Amerikaner kamen hier zum Surfen her und haben ihre kaputten Bretter hier weggeworfen oder verschenkt. Diese alten Dinger haben wir dann zum Surfen benutzt.
Fluch und Segen des Booms: Für die vielen Touristen werden auch immer mehr Hotels gebaut.
Surfen als Verbindung zur Natur
Heute säumen etliche Bars, Shops und Surfschulen die Strandpromenade. Godofredo Vásquéz sichert das seinen Lebensunterhalt. Er fürchtet allerdings, dass die entspannte Atmosphäre im Ort verloren geht und Investoren große Hotelbauten errichten wollen.
Profisportler Jafet Ramos geht es ähnlich. Beim Surfen ginge es für ihn nicht ums reine Geldverdienen oder Gewinnen. Wellenreiten sei mehr als nur ein Sport. "Du verbindest dich beim Surfen mit der Natur. Du willst nur das beste für sie. Wir wollen nicht, dass Menschen sie durch große Baustellen oder sowas zerstören. Wir müssen auf die Natur achten."