Im Alter von 100 Jahren Ex-US-Außenminister Kissinger gestorben
Der frühere US-Außenminister Kissinger ist im Alter von 100 Jahren gestorben. Der in Deutschland geborene Friedensnobelpreisträger prägte die Außenpolitik der USA in den 1970er-Jahren unter den damaligen Präsidenten Nixon und Ford entscheidend mit.
Der frühere US-Außenminister Henry Kissinger ist tot. Der umstrittene Friedensnobelpreisträger und Diplomat starb am Mittwoch im Alter von 100 Jahren in seinem Haus in Connecticut, teilte das von ihm gegründete Beratungsunternehmen Kissinger Associates mit.
Als Sicherheitsberater und Außenminister der US-Präsidenten Richard Nixon und Gerald Ford prägte der Republikaner maßgeblich die US-Außenpolitik. Seine Bemühungen führten zur diplomatischen Öffnung Chinas, zu Rüstungskontrollverhandlungen zwischen den USA und der Sowjetunion, zur Verbesserung der Beziehungen zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn und zum Pariser Friedensabkommen mit Nordvietnam.
In Deutschland geboren
Heinz Alfred Kissinger wurde am 27. Mai 1923 im fränkischen Fürth in eine jüdische Familie hineingeboren, sein Vater war an einem lokalen Gymnasium als Lehrer tätig. 1938 floh er mit seiner Familie aus Nazi-Deutschland. Die Kissingers ließen sich schließlich in Manhattan nieder, wo aus Heinz Henry wurde.
Nach einer Karriere in der Wissenschaft wurde der Politologe 1968 mit der Wahl des Republikaners Nixon zum Präsidenten zunächst nationaler Sicherheitsberater im Weißen Haus und später Außenminister der USA.
Friedensnobelpreis für Beitrag zum Friedensvertrag mit Vietnam
Kissinger betrieb als erster im Ringen um eine Friedenslösung im Nahost-Konflikt eine sogenannte "Shuttle-Diplomatie". Über geheime Kanäle bemühte er sich um eine Annäherung zwischen den USA und China.
Zudem initiierte Kissinger die Gespräche über den Vertrag von Paris von Januar 1973, der den Vereinigten Staaten den Ausstieg aus dem opferreichen und kostspieligen Vietnamkrieg ermöglichte. Zwei Jahre später fiel Saigon an die kommunistischen Vietcong. Für das Waffenstillstandsabkommen mit Nordvietnam bekam Kissinger den Friedensnobelpreis.
Vielkritisierter Vorkämpfer der Realpolitik
Auch für einen Entspannungskurs gegenüber der Sowjetunion setzte sich Kissinger ein. Im Watergate-Skandal um Lauschangriffe auf politische Gegner unter Nixon wuchs der Einfluss Kissingers.
Er galt als Verfechter der Realpolitik, wonach mit den Mitteln der Diplomatie pragmatische Ziele erreicht und nicht in erster Linie hehre Ideale vorangetrieben werden sollten. Seine Fürsprecher hielten ihm zugute, mit seinem Ansatz amerikanischen Interessen gedient zu haben. Kritiker warfen ihm hingegen eine auf Machtpolitik ausgelegte Diplomatie vor, die demokratischen Werten zuwiderlaufe. Auch seine Unterstützung antikommunistischer Diktaturen, vor allem in Lateinamerika, brachte ihm viel Kritik ein.
Kissinger bis zuletzt öffentlich aktiv
Ford nannte Kissinger einen "Super-Außenminister", wies aber auch auf dessen Schärfe und Selbstsicherheit hin, die Kritiker eher als Paranoia und Egoismus bezeichneten. Ford sagte: "Henry hat nie einen Fehler in seinem Kopf gemacht."
Kissinger blieb auch nach seinem 100. Geburtstag aktiv, nahm an Sitzungen im Weißen Haus teil, veröffentlichte ein Buch über Führungsstile und sagte vor einem Senatsausschuss über die nukleare Bedrohung durch Nordkorea aus. Im Juli 2023 besuchte er überraschend den chinesischen Präsidenten Xi Jinping.