Grossi vor UN-Sicherheitsrat "Wir spielen mit dem Feuer"
IAEA-Chef Grossi stellte dem UN-Sicherheitsrat seinen Bericht vom Besuch des ukrainischen AKW Saporischschja vor. Er warnte deutlich vor einer Katastrophe und forderte eine Schutzzone rund um den Atommeiler.
Nach seiner Reise zum umkämpften ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja hat der Chef der Internationalen Atomenergieagentur IAEA, Rafael Grossi, vor dem Weltsicherheitsrat Alarm geschlagen. Grossi stellte seinen Bericht in New York vor und warnte eindringlich: "Wir spielen mit dem Feuer und etwas sehr, sehr Katastrophales könnte passieren!"
Das Expertenteam der Atomenergieagentur forderte nach ersten Sichtungen zuallererst die Einrichtung einer Sicherheitszone rund um das Werksgelände. Der Beschuss der nuklearen Anlage sei extrem gefährlich, sagte Grossi. "Die Angriffe - ob bewusst oder nicht, die Einschläge in diese Anlage, deren Spuren mein Team und ich persönlich sehen konnten, sind nicht akzeptabel."
Grossi: Militär soll sich zurückziehen
Grossi sprach keine der beiden Seiten direkt an. Auch erwähnte der Chef der Atominspektoren weder Russland noch die Ukraine, als er anprangerte, dass sich in den Turbinenhallen und zwischen den Reaktorblöcken von Europas größtem Atomkraftwerk Militärfahrzeuge und Ausrüstung befänden.
"Unsere Empfehlung ist, dass diese Militärfahrzeuge und das Gerät aus diesen Gebäuden entfernt werden. Damit sie nicht das Sicherheitssystem gefährden." Auch die externe Stromversorgung müsse sichergestellt werden, um unter anderem die Kühlung der Reaktoren zu gewährleisten.
Grossi beschrieb auch die extrem stressvollen Bedingungen, unter denen das ukrainische Kernkraft-Personal arbeite - unter der Kontrolle russischer Soldaten.
Weiter gegenseitige Vorwürfe
Moskaus UN-Botschafter Wassili Nebensja schob solche Vorwürfe beiseite. Grossi nenne die Schuldigen für die Bombardements nicht beim Namen. Seit Wochen machen sich sowohl Russland als auch die Ukraine verantwortlich für Angriffe auf das Kraftwerk. Kiews UN-Botschafter Sergey Kislitsa wiederholte, der einzige Weg, um das Kraftwerk sicher arbeiten zu lassen, sei der Abzug der russischen Soldaten.
Auch der stellvertretende deutsche Botschafter, Thomas Zahneisen, der an der Sitzung als Gast teilnahm, erklärte, es gebe keine Zweifel daran, wer für die unsichere Situation verantwortlich sei. "Es ist die russische Föderation, die die Ukraine angegriffen und Teile des Landes besetzt hat - eingeschlossen das Kraftwerk Saporischschja."
Ohne die russische Aggression gäbe es keine Diskussion über mangelnde nukleare Sicherheit, so der Botschafter. "Es gäbe kein Risiko eines nuklearen Unfalls mit Konsequenzen, die weit über die Ukraine hinaus reichen würden."
Auch Guterres fordert Sicherheitszone
Zuvor hatte auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres die Forderungen der Atominspektoren unterstrichen. Er mahnte beide Kriegsparteien an, sich auf eine kampffreie Zone um das gefährdete Atomkraftwerk zu einigen. Die Anlage und ihre Umgebung dürften kein Ziel für militärische Operationen sein. Russische und ukrainische Streitkräfte müssten sich verpflichten, keine militärischen Aktivitäten in Richtung des Werksgeländes oder von dort aus zu starten.