Nach Wahlen Wer befreit Ecuador von Korruption und Gewalt?
Nach der von einem Mord überschatteten Abstimmung in Ecuador ziehen die linke Kandidatin González und der Unternehmer Noboa in die Stichwahl. Wem wird es gelingen, das südamerikanische Land von Korruption und Bandenkrieg zu befreien?
Es ist das vielleicht überraschendste, vor allem aber hoffnungsvolle Ergebnis dieser Wahl in Ecuador: Trotz des Klimas der Angst gingen die Menschen an die Urnen. Die Wahlbeteiligung war höher als in Vorjahren. "Das bedeutet, dass Ecuador mutig ist, dass Ecuador ein Gefühl für sein Heimatland hat", sagt Luisa González von der linken Partei Bürgerrevolution. "Das Land hat sich mobilisiert, ist wählen gegangen, hat die Angst gebrochen." Das gebe der Hoffnung auf einen Wandel noch mehr Gewicht. Nach Bekanntgabe erster Ergebnisse zieht González als Favoritin in die Stichwahl ein.
Es war alles andere als eine gewöhnliche Abstimmung: Kandidaten kamen mit kugelsicheren Westen und Kevlar-Helmen in die Wahllokale, 100.000 Sicherheitskräfte waren im Einsatz. Der brutale Mord an einem der Präsidentschaftsbewerber, Fernando Villavicencio, nur anderthalb Wochen vor dem Urnengang, hatte die Abstimmung überschattet - Sicherheit war daher auch das zentrale Thema: "Ecuador braucht wieder Frieden, es braucht wieder Sicherheit", sagt González. "Wir wollen wieder frei sein." Man wolle wieder ein Heimatland mit Sicherheit, aber auch Beschäftigung, Bildung und Medizin.
Sehnsucht nach den goldenen Nullerjahren
Rund 33 Prozent der Stimmen holte González. Die Anwältin wurde von der linken Bürgerrevolution unterstützt, der mächtigen Partei von Ex-Präsident Rafael Correa, der Ecuador von 2007 bis 2017 regierte. González verspricht nun, an jene Zeit Mitte der Nullerjahre anzuschließen. Ecuador erlebte damals einen Wirtschaftsboom, gestützt auf Öleinnahmen. Millionen Menschen schafften es damals, der Armut zu entrinnen.
Doch Correas autoritärer Regierungsstil, vor allem aber die Korruptionsvorwürfe, deretwegen er zu acht Jahren Gefängnis verurteilt wurde, spalten das Land. Der ermordete Kandidat und Investigativ-Journalist Villavicencio zählte zu den schärfsten Kritikern Correas, der sich seit Jahren im Exil in Belgien befindet.
Der Unternehmer Daniel Noboa zieht als Zweitplatzierter in die Stichwahl in Ecuador ein.
Ein Banananproduzent auf Platz zwei
"All diejenigen, die einen Wandel wollen, haben gewonnen", erklärte deswegen auch Daniel Noboa. Der erst 35-jährige Unternehmer aus dem Bananensektor zog überraschend als Zweitplatzierter in die Stichwahl. Der Rechtskonservative präsentierte sich als Kandidat, der eine erneute Regierung des "Correismo" verhindern will, als Pragmatiker, der endlich frischen Wind ins verstaubte und verfilzte politische System bringen kann.
"Sicherheit und Beschäftigung sind die beiden Punkte, auf die ich mich konzentrieren werde", so Noboa. Da die Zeit knapp sei, müssten in diesen Bereichen sehr schnell radikale Veränderungen vorgenommen werden.
Korruption und blutige Bandenkriege
Ecuador, das einst als stabiles Land galt, hat heute eine höhere Mordrate als etwa Mexiko oder Brasilien. Das Land gilt als neues Drehkreuz im internationalen Drogenschmuggel. Im Namen internationaler Kartelle liefern sich kolumbianische und ecuadorianische Banden blutige Stellvertreterkämpfe, durch Korruption sind viele staatliche Institutionen unterwandert.
Das hatte der ermordete Journalist und Kandidat Villavicencio immer wieder angeprangert. Christian Zurita, ebenfalls Journalist und enger Freund Villavicencios, ersetzte ihn. Zurita hatte wohl noch kurz vor dem Votum Morddrohungen in Online-Netzwerken erhalten - er kam auf Platz drei. Gefolgt von Jan Topic. Der rechte Unternehmer, Spitzname Rambo, gilt als Hardliner. Er versprach im Stil des autoritären Präsidenten von El Salvador, Nayib Bukele, rigoros gegen Drogenbanden vorzugehen. Er erklärte seine Unterstützung für Noboa. Die Stichwahl wird am 15. Oktober stattfinden.