Wahl zum Verfassungsrat Deutlicher Sieg für Ultrakonservative in Chile
In Chile gilt immer noch die Verfassung aus der Zeit der Diktatur von Pinochet. Ein erster Versuch, diese zu ändern, scheiterte letztes Jahr. Nun musste die linke Regierung erneut eine herbe Niederlage einstecken.
Bei der Abstimmung über eine neue verfassungsgebende Versammlung in Chile hat die Regierung unter dem Präsidenten Gabriel Boric eine deutliche Niederlage erlitten. Die ultrarechte Republikanische Partei kam auf rund 35,5 Prozent der Stimmen, wie die Wahlbehörde nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen laut Tageszeitung "La Nación" bekannt gab.
Großer Gestaltungsspielraum für die Opposition
Auf den zweiten Platz kam die linksgerichtete von der Regierung unterstützte Liste Unidad Para Chile mit rund 27,4 Prozent der Stimmen. Den dritten Platz belegte mit rund 21,7 Prozent die Liste Chile Seguro, in der sich traditionelle konservative Parteien vereint hatten. Das konservative und rechtspopulistische Lager in dem südamerikanischen Land fuhr demnach einen Erdrutschsieg und stellt somit wohl 33 der 50 Sitze.
Damit verfügt die Opposition über eine Dreifünftelmehrheit, die einen großen Gestaltungsspielraum beim Entwurf einer neuen Verfassung ermöglicht. Sind sich die rechten Parteien einig, können sie gemeinsame Entwürfe vorschlagen, korrigieren und durchsetzen. Am Ende entscheidet allerdings noch einmal das chilenische Volk.
Erster Verfassungsentwurf wurde abgelehnt
Insgesamt hatten sich 350 Kandidatinnen und Kandidaten auf fünf Listen um die 50 Plätze in der Versammlung beworben. Für die Verfassungsversammlung, die am 7. Juni ihre Arbeit aufnehmen wird, herrschte Wahlpflicht.
Es ist bereits der zweite Versuch, dem südamerikanischen Land eine neue Verfassung zu geben. Im September vergangenen Jahres hatten 62 Prozent der Wähler einen Verfassungsentwurf abgelehnt, den eine eigens dafür gewählte Versammlung mehr als ein Jahr lang ausgearbeitet hatte. Für die Chilenen trug der Entwurf jedoch eine zu linke Handschrift.
Aktuelle Verfassung stammt aus Militärdiktatur
Erstmals sollten zahlreiche soziale Rechte, wie das Recht auf Bildung, Gesundheit und sauberes Wasser in der Magna Charta garantiert werden. Den indigenen Völkern, die rund 13 Prozent der Bevölkerung ausmachen, wurde mehr Autonomie und der Schutz ihrer Kultur zugestanden. Kritiker lehnten den Verfassungsentwurf als wirtschaftsfeindlich und zu stark ökologisch geprägt ab.
Die aktuelle Verfassung stammt noch aus der Zeit der Militärdiktatur unter General Augusto Pinochet (1973-90). Die von dem ehemaligen Präsidentschaftsbewerber José Antonio Kast angeführten Republikaner wollen die Verfassung behalten. Die Aufgaben des Staates sind in der aus dem Jahr 1980 stammenden Verfassung auf ein Minimum reduziert, das Bildungs-, Gesundheits- und Rentensystem weitgehend privatisiert.