Konflikt im Sudan Wie ausländische Mächte mitmischen
Der Sudan-Konflikt berührt die Interessen vieler ausländischer Mächte. Es sind nicht nur die Nachbarn, die Einfluss nehmen wollen. Auch die USA, China und Russland sind Akteure - mit unterschiedlichen Zielen.
General gegen General. Seit rund zwei Wochen bekämpfen sich die Truppen von Militärchef Abdel Fattah Al Burhan und dem Chef der paramilitärischen Miliz Rapid Support Forces (RSF), Mohammed Hamdan Daglo, genannt Hemeti. Ihr Machtkampf droht die Region zu destabilisieren und auch ausländische Akteure haben ihre Finger im Spiel.
Westliche Staaten fordern Friedensverhandlungen und ein Ende der Gewalt und auch die Nachbarstaaten aus der arabischen Welt versuchen, zu vermitteln.
Ägyptens Interessen
Zu den einflussreichsten Akteuren im Sudan zählen die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien und Ägypten. Als direkt angrenzendes Land ist Ägypten auf das Wasser des Nil angewiesen, um seine mehr als 100 Millionen Einwohner zu versorgen. Zudem pflegt Ägypten enge Beziehungen zum sudanesischen Militär um Al Burhan.
Dem Land geht es neben der Versorgungssicherheit auch um die eigene innere Sicherheit: Rund 20.000 Sudanesinnen und Sudanesen haben in den vergangenen Tagen die Grenze nach Ägypten überquert. "Für Ägypten ist jetzt vordergründig, dass die Instabilität im Sudan nicht auf die Landesgrenzen übergreift und auch überschreitet", so Hager Ali, Sudanexpertin vom GIGA-Institut.
Taktische Überlegungen
Die arabischen Golfstaaten wollen ihre Macht in der Region ausbauen. Die Vereinigten Arabischen Emirate, selbst eine aufstrebende Militärmacht, haben enge Verbindungen zu der RSF. Die Emirate sind zudem der wichtigste Handelspartner für Import und Export im Sudan. Ali geht davon aus, dass sich erst noch zeigen werde, auf wessen Seite die Emirate wirklich stehen. "Nach dieser Auseinandersetzung innerhalb des Landes muss es ja irgendwie weitergehen. Und man möchte sich die zukünftige wirtschaftliche und diplomatische Beziehung nicht verspielen."
Schon länger verfolgten die Emirate ihr Interesse, Häfen in der Region zu kaufen und zu kontrollieren, so die Expertin. Dies wurde vor allem in der Regierungszeit des sudanesischen Langzeit-Diktators Omar al-Bashir vorangetrieben. "Zudem verfügt der Sudan über attraktive Ressourcen. Nicht nur über Gold, sondern auch über Erdgasvorkommen und landwirtschaftliche Nutzflächen", so Abdul Rahim vom Carnegie Center.
Die Golfstaaten verfügten selbst über wenig Nutzfläche, deshalb seien diese für die Golfstaaten in puncto Lebensmittelversorgung in Zukunft interessant.
Die Rolle der Wagner-Gruppe
Viel wurde in den letzten Tagen darüber geschrieben und spekuliert, welche Rolle Russland im Konflikt hat. Rahim hält den Einfluss Russlands im Sudan für allgemein überschätzt. Russland unterstütze wohl, wie es heißt, die RSF mit vermutlich 200 Personen der Wagner-Gruppe vor Ort, doch er bewertet das als eine eher kleine Truppe.
Er glaube nicht, "dass sie den Mumm für ein weiteres Engagement haben. Jeder der das eingeht, wird das niemals unversehrt überstehen." Russland verfolge mit der Einbindung in das Goldgeschäft im Sudan vor allem kommerzielle Interessen.
Auch Ali stimmt dem zu: "Gerade sind de facto sehr, sehr wenige der Wagner-Gruppe im Einsatz. Deswegen ist es wichtig, diese Rolle der Wagner-Gruppe nicht als größer darzustellen, als sie tatsächlich ist."
Vielmehr würden sie, wie andere Akteure, abwarten. "Sie wollen sehen, wer am Ende als Gewinner herausgeht und dann das politische Spiel spielen und alle Interessen aushandeln, die sie vom Gewinner bekommen können." Zwar sei die Wagner-Gruppe im Goldabbau beteiligt, sie sei im Moment jedoch stark im Krieg gegen die Ukraine eingespannt.
Russland wünscht sich einen Stützpunkt
Schon zu Zeiten von Al-Bashir plante Russland, einen Marinestützpunkt in Port Sudan am Roten Meer zu errichten. Nach dessen Sturz 2019 wurde dieses Bestreben von der sudanesischen Übergangsregierung, der beide heutigen Kontrahenten angehörten, gestoppt. Die Beziehung zwischen Russland und Hemeti gingen jedoch weiter. Russland gilt als Unterstützer des RSF-Militärchefs.
Im Gegenzug zur Einbindung in das Goldgeschäft soll Russland die RSF-Miliz mit Waffen, Munition, aber auch in der Abwehr der Luftangriffe und in der Ausbildung der Kämpfer unterstützen. Insgesamt versuche die Wagner-Gruppe, ihre eigenen kommerziellen Interessen im Sudan zu verteidigen und aufrechtzuhalten mit dem Ziel, Russlands Einfluss in der Region zu vergrößern, so Rahim.
Scheitert die RSF?
Rahim vermutet, dass das Militär bereits die Oberhand hat und am Ende aus dem Konflikt als Gewinner herausgehen dürfte. Dafür spreche, dass die Luftwaffe des Militärs auch Luftangriffe fliegen kann. Wichtige Versorgungsleitungen der RSF um die Hauptstadt seien bereits zerstört worden, der RSF-Miliz gehe langsam der Nachschub an Lebensmitteln, Munition und weiteren Kämpfern aus.
"Ich glaube nicht, dass die RSF nach diesem Krieg eine politische Zukunft haben wird und als Miliz weiter existieren kann. Die Kämpfer werden fliehen", sagt Rahim.
Ein Problem für die USA
Aber auch andere große globalen Player beobachten den Machtkampf der Generäle genau. Ein wichtiger Partner für den Sudan war bislang China. Mit Import- und Export-Geschäften, aber auch mit hohen Investitionen in die Infrastruktur hat sich China als neue Macht und Gegenpol zu den USA etabliert, während die USA vor allem in Militärhilfe und Demokratieförderung investiert hatten, so Sudanexpertin Ali.
Den USA wiederum drohe ein weiterer Imageverlust, denn der Konflikt zeige, dass ihre Militärpräsenz und Entwicklungshilfen nicht zur Demokratie führen: "Wenn der Sudan jetzt an diesem Machtkampf scheitert, dann ist das ein sehr großes Problem für die USA und auch generell für ihre Machtposition im Nahen Osten."
Die Kämpfe im Sudan, werden vorerst aber weiter gehen - das glauben beide Experten. Weder Hemeti noch Al Burhan hätten die politischen Instrumente, um die Bevölkerung auf die eigene Seite zu ziehen und so den Kampf für sich zu entscheiden - denn militärisch und taktisch gehe es nicht voran, sagt Ali.
Sie glaubt, dass Friedensverhandlungen nur unter der Beteiligung weiterer Akteure möglich sind. Nur fehle dazu auf beiden Seiten die Einsicht.