Massengräber im Shakahola-Wald Weitere Sektenopfer in Kenia gefunden
Im April hatten Ermittler in Kenia Massengräber mit den Leichen von mehr als 70 Mitgliedern einer Sekte entdeckt. Sie sollen sich zu Tode gehungert haben. Inzwischen wurden nach Behördenangaben mehr als 400 Tote gefunden.
Die Zahl der Todesopfer rund um den kenianischen Sektenführer Paul Makenzi ist auf 425 Personen gestiegen. Wie die kenianische Zeitung "Daily Nation" berichtet, sind neue Gräber entdeckt worden, in denen Leichen offenbar erst kürzlich verscharrt worden waren. Örtlichen Medien zufolge dürfte die Zahl der Opfer noch weiter steigen.
Im April waren nach Hinweisen aus der Bevölkerung in dem kenianischen Wald Shakahola mehrere Massengräber gefunden worden, von Menschen, die sich auf Anweisung des selbsternannten Pastors Paul Makenzi zu Tode gehungert hatten. Unter den gefundenen Leichen befanden sich viele Kinder.
266 Tote konnten bislang per DNA-Test identifiziert werden. Die Polizei fand auch lebende Anhänger vor, die aber geschwächt und ausgemergelt waren. Sie geht davon aus, dass sich noch immer Anhänger der Sekte in dem Wald verstecken.
Der selbsternannte Prediger der Sekte "Internationale Kirche der guten Botschaft" soll seine Anhänger davon überzeugt haben, dass die Wiederkehr Jesu bevorsteht und sie schneller in den Himmel kommen, wenn sie sich zu Tode fasten.
Opfer sollen zum Hungern gezwungen worden sein
Unterdessen berichten Ermittler von weiteren grausamen Entdeckungen: In der Nähe von Makenzis "Kirche" sei eine Opferstelle gefunden worden, wo Kultmitglieder Kinder bis zum Hungertod festgekettet haben sollen. Die Behörden bestätigten, dass viele Frauen und Kinder "zum Todesfasten genötigt oder gewaltsam gezwungen" wurden. "Als Kriminalpolizist glaubt man, alles gesehen zu haben, aber Shakahola ist eine ganz andere Art von Übel", zitiert die kenianische Zeitung "The Standard" eine Ermittlerin.
Sektenführer Paul Mackenzie am Gericht in Mombasa (Mai 2023)
Angesichts des Falls ist in Kenia eine Debatte über Regeln für die Religionsausübung entbrannt. In dem überwiegend christlichen Land existieren nach offiziellen Angaben rund 4000 unterschiedliche religiöse Strömungen, die sich selbst als "Kirchen" bezeichnen. Kenias Präsident William Ruto versprach den Familien der Opfer Gerechtigkeit und stellte eine Regulierung des Glaubenssektors in Aussicht.
Sektenführer und 36 weitere Menschen festgenommen
Der Sektenführer sitzt seit Mitte April im Gefängnis. Ihm wird "Terrorismus" vorgeworfen. Er war zuvor unter anderem schon wegen falscher Lehren angezeigt worden, wurde jedoch stets aus Mangel an Beweisen wieder freigelassen. Außer ihm wurden noch 36 weitere Menschen festgenommen.
In den tiefgläubigen Ländern Ostafrikas gibt es immer wieder Berichte über Sektenführer, die ihre Anhänger mit Heilsversprechen in Abhängigkeit bringen. Einen der schwersten Massenmorde verübte die Sekte "Bewegung für die Wiedereinsetzung der Zehn Gebote Gottes" in Uganda vor 23 Jahren. Dort töteten die Sektenführer mehr als 700 Menschen. Die Anführer waren in Erklärungsnot geraten, nachdem ein angekündigtes Ende der Welt nicht eingetreten war.