Vereidigung in Ägypten Neues Parlament von Sisis Gnaden
Dreieinhalb Jahre lang gab es in Ägypten kein Parlament mehr. Heute sind die fast 600 Abgeordneten erstmals wieder zusammengekommen. Die meisten von ihnen unterstützen Präsident Sisi - und werden jetzt im Akkord dessen Gesetze durchwinken.
Mit der Vereidigung des Parlamentes beginnt für die Abgeordneten eine Mammutaufgabe: Sie müssen innerhalb kurzer Zeit 292 Gesetze durchwinken, die der amtierende Präsident und Ex-Militärchef Abdel Fattah al-Sisi in den vergangenen Jahren per Dekret erlassen hatte.
Das letzte Parlament, das Islamisten dominierten, war 2012 aufgelöst worden, nachdem das Verfassungsgericht einige Artikel des Wahlgesetzes für verfassungswidrig erklärt hatte. Dabei war es das Militär, das dieses Gesetz zuvor überhaupt erst zur Anwendung gebracht hatte.
Im neuen Parlament sitzen 596 Abgeordnete - eine Rekordzahl. Sie alle müssen zuerst den Amtseid ablegen. Der Parlamentsminister befürchtet, dass dies allein zwei Tage dauern könnte - es sei denn, man beschließt, die Volksvertreter im Chor schwören zu lassen.
Solide Mehrheit für Sisi
Das neue Abgeordnetenhaus dominieren Sisi-treue Kräfte. Eine Opposition, die den Namen wirklich verdient, fehlt weitestgehend. Die Muslimbruderschaft war zur Terrorgruppe erklärt worden. Ihr politischer Arm, die Partei für Freiheit und Gerechtigkeit, wurde verboten. Viele Kräfte aus dem säkularen, liberalen oder linken Spektrum hatten an den Wahlen zum Parlament gar nicht erst teilgenommen.
Drei von vier wahlberechtigten Ägyptern waren den Wahllokalen fern geblieben - nach Ansicht von Beobachtern ein Hinweis darauf, dass in weiten Teilen der Bevölkerung, vor allem bei jungen Menschen, Resignation herrscht.
Repressionen wie in der Mubarak-Ära?
Vor knapp zwei Wochen unterschrieben mehr als 70 zum Teil prominente Oppositionelle einen Protestbrief an Präsident Sisi, unter ihnen der Schriftsteller Alaa al-Aswani sowie der ehemalige Präsidentschaftskandidat Hamdin Sabahi. Dieser hatte die Machtergreifung durch das Militär im Jahre 2013 ursprünglich unterstützt.
In der Protestnote beklagen die Unterzeichner, dass immer mehr Regimekritiker im Gefängnis landen. Sisi lasse die Repressionen des gestürzten Präsidenten Hosni Mubarak wieder aufleben. Das Regime setze heute wieder auf "Unterdrückung und Verweigerung von Freiheiten".