Abstimmung im EU-Parlament Aus für ACTA-Abkommen
Das umstrittene Urheberrechtsabkommen ACTA ist vom Tisch: Im Europäischen Parlament stimmte eine Mehrheit der Abgeordneten gegen den zwischen der EU, den USA und neun weiteren Ländern geschlossenen Vertrag. Dieser sollte eigentlich Produktpiraterie bekämpfen, Kritiker fürchteten aber Netzsperren und Zensur.
Das Europaparlament hat das umstrittene Urheberrechtsabkommen ACTA endgültig abgelehnt. Wie erwartet stimmte eine breite Mehrheit der Abgeordneten in Straßburg gegen den Vertrag, den die EU-Kommission mit den USA und neun anderen Ländern ausgehandelt hatte. 478 Parlamentarier stimmten mit "Nein", nur 39 befürworteten das Vertragswerk. 165 Abgeordnete, vor allem Christdemokraten, enthielten sich ihrer Stimme.
In der EU ist das Abkommen damit vom Tisch, weil es ohne Zustimmung des Europaparlaments in der EU nicht in Kraft treten kann. Die Christdemokraten hatten zuletzt noch vergeblich versucht, die Abstimmung zu verschieben, um das Vertragswerk doch noch zu retten. Die EU-Kommission hat bereits klargestellt, dass es kein neues Abkommen geben soll. Sie will jetzt das Gutachten des Europäischen Gerichtshofes in Luxemburg (EuGH) abwarten, und dann die Lage prüfen.
Lob und Kritik aus den Parteien
Vertreter von SPD, FDP, Grünen, Linkspartei und Piratenpiraten begrüßten die Entscheidung. Der Vertrag sei auf "völlig intransparente Weise zustande gekommen", sagte etwa SPD-Chef Sigmar Gabriel. Im schlimmsten Fall hätte der Vertrag zu einer "erheblichen Beschränkung der Freiheit im Netz" führen können. Die Reaktionen in der Union fielen unterschiedlich aus. So bedauerte der außenhandelspolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Daniel Caspary (CDU), die Entscheidung. Statt ACTA komplett abzulehnen, hätte man die Stellungnahme des EuGH abwarten sollen.
Kritik kam auch von der Arbeitgeberseite: Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sagte, Piraterie schade deutschen Unternehmen. ACTA wäre ein wichtiger erster Schritt gewesen, um einen internationalen Rechtsrahmen für den Schutz geistigen Eigentums zu schaffen.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) warnte vor einer Aufweichung des Urheberrechts. "Aus Sicht des DJV müssen die Urheber im Netz in gleichem Maße geschützt werden wie etwa in ihrem Verhältnis zu Verlagen oder Sendern", teilte die Gewerkschaft mit.
Berlin: Problem Produkt- und Markenpiraterie anpacken
Die Bundesregierung kündigte nach der Abstimmung in Straßburg an, sie wolle versuchen, zumindest Teile von ACTA (Anti-Counterfeitung Trade Agreement) zu retten: Die Bereiche Produkt- und Markenpiraterie könnten in einem separaten Abkommen geregelt werden, sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Denn diese Probleme müssten auf den Tisch. Bislang stehe es aber nicht zur Debatte, ein neues Abkommen in dieser Richtung aufzulegen, ergänzte ein Ministeriumssprecher.
Deutschland hatte bereits im Februar beschlossen, dem Vertrag die Unterschrift zu versagen und den Entscheidungsprozess der EU abzuwarten. Das Abkommen sollte ursprünglich Produkt- und Markenpiraterie - auch im Internet - bekämpfen. Kritiker hatten aber befürchtet, dass es in der Folge zu einer massiven Überwachung im Internet, Zensur und sogar Netzsperren kommen könnte. Gegen den Vertrag waren weltweit immer wieder Menschen auf die Straßen gegangen.