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Boryszew Kunststofftechnik stellt Teile für Auto-Innenräume her. Mehr zur Insolvenz im Video. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Autozulieferer Boryszew in Gardelegen: Insolvenzverwalter geht von Fortsetzung des Betriebs aus

07. März 2025, 16:23 Uhr

Der Autozulieferer Boryszew Kunststofftechnik aus Gardelegen ist insolvent. Am Standort in der Altmark arbeiten knapp 500 Beschäftigte – die Firma stellt unter anderem Teile für den Innenraum von Fahrzeugen her. Der zuständige Insolvenzverwalter zeigte sich derweil optimistisch, dass der Betrieb vor Ort weitergehen kann.

Nach der Insolvenz des Autozulieferbetriebs Boryszew Kunststofftechnik (BKD) in Gardelegen hat sich der zuständige Insolvenzverwalter Silvio Höfer optimistisch gezeigt, dass der Betrieb vor Ort weitergehen kann. Höfer sagte dem MDR, nach heutigem Stand seien keine Kündigungen geplant.

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Audio: Autozulieferer Boryszew Kunststofftechnik in Gardelegen ist insolvent – Studiogespräch mit MDR-Reporter Uli Wittstock Bildrechte: picture alliance / dpa | Karl-Josef Hildenbrand
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Der Autozulieferer Boryszew Kunststofftechnik in Gardelegen ist insolvent. Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) will ein Sanierungskonzept erarbeiten.

MDR SACHSEN-ANHALT Di 04.03.2025 17:13Uhr 03:29 min

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Höfer verwies auf das langjährige Know-how der Belegschaft und die hohe Qualität der Produkte, die in dem Betrieb gefertigt werden und an Kunden wie VW und Tesla geliefert würden. "Deswegen bin ich optimistisch, dass es hier auch weitergeht." Ziel sei es, sowohl für das Werk in Gardelegen als auch für den Boryszew-Standort in Idar-Oberstein (Rheinland-Pfalz) eine Lösung zu finden.

Lösungen mit Gewerkschaften und Betriebsräten angepeilt

Der Anwalt räumte allerdings ein, dass man in einem Insolvenzverfahren nie etwas ausschließen könne. Er könne daher niemandem versprechen, dass es keine Kündigungen geben werde. Zum jetzigen Zeitpunkt habe man noch keine genauen Vorstellungen, wie das Unternehmen künftig aufgestellt werde.

Mit Blick auf Auftragseinbrüche und Umsatzrückgang erklärte Höfer, man müsse zusammen mit Gewerkschaften und Betriebsräten Lösungen finden, um dem entgegenzuwirken. Das müsse nicht immer Personalabbau sein. So gebe es beispielsweise intelligente Arbeitszeitsysteme oder die Option des "In-Sourcing", bei der bisher extern vergebene Aufgaben wieder ins Unternehmen zurück geholt werden.

Produktion läuft derzeit weiter

Am Dienstag war bekannt geworden, dass der Autozulieferer Boryszew Kunststofftechnik in Gardelegen insolvent ist. Das hatte das zuständige Amtsgericht Stendal bestätigt. Demnach war der Insolvenzantrag am Montag gestellt worden. Die "Mitteldeutsche Zeitung" schrieb unter Berufung auf einen Insolvenzverwalter, die Produktion laufe derzeit weiter. Zu den Gründen der Insolvenz verwies der Betriebsrat dem Bericht zufolge auf Absatzrückgänge und Liquiditäts-Probleme.

Betrieb stellt Teile für Auto-Innenräume her

Boryszew Kunststofftechnik stellt den Angaben zufolge Spritzguss-Teile für Auto-Innenräume her – unter anderem Cockpit-Elemente. Zu den wichtigen Kunden zählt demnach der VW-Konzern. Am Standort in der Altmark seien knapp 500 Mitarbeiter beschäftigt. Die Gehälter der Beschäftigten sind durch den jüngsten Schritt für die kommenden drei Monate über das Insolvenzgeld abgesichert.

2011 hatte die polnische Boryszew-Gruppe die insolvente Altmärker Kunststoff-Technik GmbH (AKT) in Gardelegen übernommen.

Gewerkschaft will Sanierungskonzept vorlegen

Die Fahne der Gewerkschaft IG BCE
Die Gewerkschaft IG BCE will ein Sanierungskonzept entwickeln. Bildrechte: picture alliance/dpa/Michael Bahlo

Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) kündigte unterdessen an, Boryszew Kunststofftechnik in Gardelegen retten zu wollen. "Wir werden mit den Beschäftigten vor Ort ein Sanierungskonzept entwickeln", sagte Gewerkschaftssekretär Franz Braun MDR SACHSEN-ANHALT. Das Konzept soll anschließend dem Insolvenzverwalter vorgelegt werden.

Braun erklärte, es sei schon längere Zeit bekannt, dass sich die Boryszew Kunststofftechnik Deutschland GmbH in einer wirtschaftlich schwierigen Lage befinde. "Aber wir sind nicht davon ausgegangen, dass die Insolvenzanmeldung wirklich kommt."

Bürgermeisterin beklagt fehlenden Kontakt zu Boryszew

Mandy Schumacher
Mandy Schumacher, Bürgermeisterin von Gardelegen Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Klaus-Dietmar Gabbert

Gardelegens Bürgermeisterin Mandy Schumacher (SPD) sprach mit Blick auf die Insolvenz von einem "Schreck" und sicherte den rund 500 Mitarbeitern Unterstützung zu. Sie sagte MDR SACHSEN-ANHALT, dass die Wirtschaftsförderung den Mitarbeitern zur Seite stehen und bei der Weitervermittlung helfen würde, wenn der Betrieb eingestellt werden sollte. Auch dem Insolvenzverwalter habe die Stadt bereits Hilfe in Form von Gesprächen und Kontaktvermittlung angeboten.

Schumacher beklagte aber auch den fehlenden Kontakt zu Boryszew in der Vergangenheit. Die Stadt habe seit Jahren mehrfach versucht, in den Austausch zu gehen, jedoch keine Antwort von dem Automobilzulieferer erhalten.

Die Bürgermeisterin setzt allerdings darauf, dass die Mitarbeiter bei Boryszew zunächst weiterarbeiten können. "Insolvenz bedeutet nicht gleich die Einstellung des Betriebs", erklärte Schumacher. Schon 2011 sei der Betrieb insolvent gegangen und dann vom polnischen Boryszew-Konzern übernommen worden.

MDR (Lukas Mauri, Uli Wittstock, Stephan Schulz, Lydia Zahn, Felix Fahnert) | Erstmals veröffentlicht am 04.03.2025

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 05. März 2025 | 06:30 Uhr

61 Kommentare

Peter vor 4 Wochen

Maria A.: Fragen Sie mal herum, ob die von der SPD iniziierte Kurzarbeiterregelung den Firmen geholfen hat, in schwierigen Zeiten zu überleben oder nicht.
Ich schätze, Sie werden aus der Wirtschaft eine eindeutige Antwort bekommen.
Beim IAB (Einrichtung der Arbeitsagentur) hat man die Arbeitgeber befragt. Herausgekommen ist folgendes. Ich zitiere: "Tatsächlich stimmen fast zwei Drittel der Betriebe (62 Prozent) der Aussage voll und ganz zu, wonach Kurzarbeit dabei hilft, die Arbeitszeit zu reduzieren und gleichzeitig die Arbeitsprozesse bei geringerer Auslastung zu erhalten. Weitere 17 Prozent stimmen der Aussage eher zu (siehe Abbildung 1). Die Bewertung hängt dabei nur in geringem Maße davon ab, ob die Betriebe zum Zeitpunkt der Befragung Kurzarbeit einsetzten oder nicht."

Colomoa vor 4 Wochen

in Braunschweig war nie ein Produktionswerk, da war nur ein Büro und das ist auch schon seit 4 Jahren zu, genau wie die Produktion in Salzgitter und der Werkzeugmacher in Langenhagen. Boryszew fährt alle westeuropäischen Standorte runter, seit Jahren, brauch es keine AFD zu

Peter vor 5 Wochen

Na aber sicher, Horus.
Man nehme die Aufträge, die bisher in Gardelegen abgearbeitet wurden, und verlege sie meinetwegen nach Braunschweig.
Die Folge: Die GmbH in Gardelegen hat keine Aufträge mehr und muss Insolvenz anmelden.

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